Bericht aus der Ratssitzung August 2024

Bericht aus der Ratssitzung August 2024

Flughafen: Ausstieg aus dem Ausstieg 2034

Rat der Stadt verabschiedet Charta Digitale Ethik 

Das war ein schlechter Tag für die Anwohnerinnen und Anwohner rund um den Flughafen Essen/Mülheim. Denn der Flughafen wird 2034 nicht geschlossen, sondern bleibt darüber hinaus unbefristet in Betrieb. Obwohl die Grünen noch 2020 in ihrem Kommunalwahlprogramm den Ausstieg forderten und bestimmt auch Wählerstimmen dafür bekommen haben, votierten sie ebenfalls für den Weiterbetrieb. Die linke Fraktion hat zusammen mit den beiden Ratsgruppen Die Partei und Tierschutzpartei den Gegenantrag gestellt, dass der Flughafen spätestens 2034 geschlossen wird.

Die Verwaltung will mit der Charta Digitale Ethik den Umgang mit Künstlicher Intelligenz (KI) regeln. Besser als mit dem Kurzüberblick aus der Verwaltungsvorlage lässt es sich nicht beschreiben: „Die städtischen Arbeitsprozesse werden in vielen Bereichen in sehr kurzer Zeit von KI-basierter Software durchdrungen sein. Um rechtssicher, verantwortungsvoll und auch zukunftsorientiert zu handeln, müssen Rahmenbedingungen zum Umgang mit KI festgelegt werden. Grundlegende ethische Fragestellungen und Werte werden in der „Charta Digitale Ethik“ behandelt.“ 

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Flughafenbetrieb läuft über 2034 hinaus unbefristet weiter

Die Verwaltung hat eine Vorlage zur Abstimmung gebracht, wonach der Flughafen Essen/Mülheim über das Jahr 2034 hinaus unbefristet fortgeführt werden soll. Dazu haben CDU und Grüne einen Zusatzantrag gestellt. 30 Jahre haben die Grünen für die Schließung des Flughafens gekämpft und noch 2020 einen gemeinsamen Antrag mit der linken Fraktion für eine frühere Schließung gestellt, und jetzt das.

Die linke Fraktion hat zusammen mit den beiden Ratsgruppen Die Partei und der Tierschutzpartei den Gegenantrag gestellt, dass es bei dem alten Ratsbeschluss von 1990 bleiben soll, wonach der Flughafen spätestens 2034 geschlossen wird. Außerdem sind in den Antrag einige sinnvolle Punkte aus dem CDU/Grüne-Antrag übernommen worden, so etwa die Forderung nach einem Verkehrskonzept und der Errichtung eines interkommunalen Gewerbegebietes, damit die Gewerbesteuereinnahmen künftig auch nach Essen fließen.

Heike Kretschmer begründete den Antrag und erläuterte, warum sie die ausgemalten Zukunftspläne für den Flughafen nicht teilt. Flugbetrieb wird nur klimafreundlicher indem der Flugverkehr ab- und nicht zunimmt.

Außerdem bestritt sie die Annahme, dass fehlende Entwicklungsperspektiven ein wesentlicher Grund für die aktuelle wirtschaftliche Lage des Flughafens sei, den die Städte Mülheim und Essen jedes Jahr mit 600.000 Euro subventionieren. Dieses Geld steht beim knappen kommunalen Haushalt der Stadt für andere Ausgaben, z.B. im Bereich Soziales nicht zur Verfügung. Flughäfen unterhalb der Kategorie „Großflughäfen“ sind in den seltensten Fällen profitabel, wie es eine Studie der TU Chemnitz aus 2021 ergeben hat.

Die Solarparkinitiative hat interessante Vorschläge zur Nutzung  des Flughafengeländes als Solarpark gemacht. Diese sind zwar in diesem  Umfang nicht umsetzbar, haben aber den Impuls gegeben, zumindest einen  kleinen Teil dafür zu nutzen. Die Linke hat die Anregung der Initiative, dabei die Bürgerinnen und Bürger zu beteiligen, etwa in Form von  Genossenschaften, aufgenommen.

Am Ende stimmte nur Die Linke, Die Partei und die Tierschutzpartei gegen den Weiterbetrieb des Flughafens über 2034 hinaus.

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Charta Digitale Ethik

Künstliche Intelligenz sickert in immer mehr Bereiche der digitalen Welt. „Es geht nicht mehr um das Ob, sondern um das Wie und Wo“, stellte Heike Kretschmer fest und begrüßte die Einführung der Charta mit der Essen eine Vorreiterrolle einnimmt.

Mit der Feststellung, dass neben viel Euphorie auch eine Menge Skepsis, Sorgen und Ängste bestehen, spielte Heike auf die letzte Personalversammlung an. Denn der Einsatz der KI verändert auch die Zusammenarbeit innerhalb der Verwaltung. Fehlende Nachvollziehbarkeit und Transparenz können Gefühle des Ausgeliefertseins hervorrufen.

KI kann in der Verwaltung so eingesetzt werden, dass Verwaltungs- und Arbeitsprozesse vereinfacht werden und mehr Zeit ist für inhaltliche Arbeiten. Heike mahnte an, dass die KI aber nicht als Mittel zum Zweck von Personaleinsparungen missverstanden oder gar missbraucht werden darf und keinesfalls Berufsgruppen „wegrationalisiert“ oder ihre angestammten Aufgabenfelder ausgehöhlt werden dürfen. Außerdem müsse die persönliche Erreichbarkeit der Verwaltung für die Bürgerinnen und Bürger weiter möglich sein. 

Die größte Befürchtung bei der KI ist der missbräuchliche Einsatz zum Untergraben der Demokratie, der Grundrechte des Einzelnen und der Rechtsstaatlichkeit. So warnt auch die australische Medientechnologie-Expertin Kate Crawford in ihrem neuen Buch vor den Gefahren von Künstlicher Intelligenz. Sie ist davon überzeugt, dass die KI die Umwelt massiv schädigt, soziale Ungleichheit vertieft und demokratische Prinzipien in Frage stellt.

Um so wichtiger sind deshalb Leitplanken für den Umgang mit der KI, wie es gestern der Rat der Stadt einstimmig beschlossen hat. Diese gibt es auch als Kurzversion in einfacher Sprache.

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Nutzungssatzung städtische Immobilien

CDU und Grüne haben vor der Sommerpause einen Antrag für eine Nutzungssatzung städtischer Immobilien vorgelegt. Damit soll die Vergabe städtischer Räume an politische Parteien neu geordnet werden. Denn die Stadt war bekannterweise gescheitert, als sie versuchte den AfD-Parteitag in der Grugahalle zu verhindern.

Die linke Fraktion hatte zu dem Antrag viele offene Fragen, die sie der Verwaltung gestellt hat. Einen Tag vor der Ratssitzung hat diese geantwortet und eine Vorlage mit neuen Bestimmungen für die Überlassung städtischer Räume eingebracht. Diese wird vom Rat der Stadt in der nächsten Sitzung Ende September behandelt.

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Und sonst?

  • Shoan hat eine Anfrage gestellt, wie viele Kinder im schulpflichtigen Alter aus welchen Stadtteilen aktuell in Brückenprojekten, Spielgruppen oder Sprachbildungs-angeboten betreut werden. Außerdem fragte er, welche Möglichkeiten die Verwaltung sieht möglichst allen Kindern einen regulären Betreuungsplatz anzubieten, die im Vorschuljahr ein Brückenprojekt bzw. eine andere Form der Ersatz-Betreuung bis hin zu Notgruppen besuchen.
  • Aktuell sind bereits ca. 36 % der Beleuchtungsanlagen in Essen auf die stromsparende und energieeffiziente LED-Technologie umgestellt. Diese Umstellung wird jetzt beschleunigt, indem weitere rund 14.000 Leuchten umgerüstet werden, bei denen das ohne großen Aufwand möglich ist.
  • Die Gewährung eines Zuschusses von 35 Prozent für den Einbau von Lärmschutzfenstern für Wohnungen an der Gladbecker Straße wurde einstimmig verabschiedet. Christoph Kerscht von den Grünen bemerkte, dass den Menschen die Fenster eigentlich geschenkt werden müssten, denn die Umweltbelastungen durch Lärm und Abgase sind nach wie vor unzumutbar. Die Linke und Die Partei haben vor zwei Jahren in einem gemeinsam Antrag verschiedene Maßnahmen beantragt, die zum Teil von der Bezirksvertretung übernommen und beschlossen worden sind. Passiert ist aber bis jetzt noch nichts.
  • Viele Punkte zu Verkehrsplanungen, die in den Ausschüssen mit einstimmigen Voten diskutiert worden sind, wurden im Rat ebenfalls einstimmig ohne weitere Debatte verabschiedet.