Konzept gegen Energiearmut

die Ratsfraktion DIE LINKE beantragt, der Ausschuss für Stadtentwicklung,- planung und Bauen, der Ausschuss für Soziales, Arbeit, Gesundheit und Integration, der Ausschuss für Digitalisierung, Wirtschaft, Beteiligung und Tourismus sowie der Haupt- und Finanzausschuss empfehlen, der Rat der Stadt beschließt, der Ausschuss für Umwelt, Klima- und Verbraucherschutz nimmt zur Kenntnis:

Die Verwaltung wird beauftragt, in Zusammenarbeit mit den Stadtwerken Essen und Eon als Grundversorgern sowie dem JobCenter Essen ein Konzept gegen Energiearmut zu entwickeln, das u.a. folgende Zielstellungen beinhalten soll:

  1. Das Aussetzen der Strom-, Gas- und Wassersperren in sozialen Härtefällen

Um dieses Ziel zu erreichen, prüft die Verwaltung 

  1. die Einrichtung eines Härtefallfonds. Dazu ermittelt die Verwaltung die Gesamtzahl der jeweiligen Sperren, entwickelt Kriterien für Härtefälle, definiert den antragsberechtigten Personenkreis (z.B. Empfänger:innenvon SGB II, SGB XIIWohngeld und andere Geringverdienerund führt Gespräche mit den Grundversorgern Stadtwerken und Eon zur Finanzierung;

  2. die Einführung eines Runden Tisches gegen Energiearmut zur Verhinderung von Strom-, Gas- und Wassersperren in Zusammenarbeit mit den Grundversorgern Stadtwerke und Eon.

  3. Die Information und Aufklärung der Bevölkerung in den an meisten genutzten Sprachen über die Möglichkeiten, Strom- und Gassperren zu verhindern. Die Verwaltung weist in geeigneter Form auch auf Anlauf- und Beratungsstellen beim Sozialamt, dem JobCenter, bei den Grundversorgern, der Verbraucherberatung, den Wohlfahrtsverbänden und Mietervereinen hin.

  4. Die Anhebung der Nichtprüfungsgrenzen für Heizkosten bei SGB II- und SGB XII-Bezieher:innen proportional entsprechend der gestiegenen Energiekosten und die regelmäßige Überprüfung der Grenzen.

  5. Die Prüfung des Ausbaus von Hilfsangeboten und der Vernetzung mit bereits bestehenden Angeboten, wie z.B. dem EnergieSparService Essen. Dazu gehört auch die Prüfung, ob und wie die allgemeine soziale Beratung im Rahmen des Quartiermanagements personell verstärkt werden kann für präventive Angebote und zur Unterstützung von Menschen, die von Energiearmut betroffen sind.

  6. Gespräche mit den Grundversorgern über die mögliche Einführung einer Ombudsstelle gegen Energiearmut nach dem Wiener Modell, die individuelle Lösungsangebote bei Energieschulden entwickelt und den Menschen über einen längeren Zeitraum Hilfestellung gewährt.

Begründung:

Menschen im Dunkeln bzw. im Kalten sitzen zu lassen ist in der heutigen, technisierten Gesellschaft unwürdig, unzumutbar und ein gesellschaftspolitischer Skandal. Auch wenn vor allem der Bund in der Pflicht ist, die absehbar zunehmende Energiearmut zu verhindern, muss die Stadt Essen ihre Möglichkeiten nutzen. Sie ist letztlich politisch für die Grundversorgung verantwortlich. Deswegen muss sie alles tun, um Strom und Gassperren zu verhindern.

Ein Notfallfonds kann in sozialen Härtefällen den Menschen helfen, ihre Energierechnungen zu begleichen. Damit die Betroffenen überhaupt wissen, mit welcher Unterstützung sie im Notfall rechnen können, ist eine verstärkte Aufklärung darüber notwendig. Die bestehenden Hilfs- und Unterstützungsangebote reichen aber absehbar nicht aus und sollten ausgebaut und weiter vernetzt werden. Dazu kann ein Runder Tisch gegen Energiearmut beitragen, wie es das Beispiel anderer Städte zeigt. 

Aufschlussreich sind die Erfahrungen in Wien: Dort haben die kommunalen Stadtwerke in Zusammenarbeit mit der Stadt Wien vor zwei Jahren eine Ombudsstelle eingerichtet, die individuelle Lösungsansätze entwickelt und die Menschen nicht nur punktuell sondern über einen längeren Zeitraum begleitet. 

Auf Bundesebene ist eine deutliche Erhöhung der Hartz-IV-Regelsätze unabdingbar. Die darin enthaltene Pauschale z.B. von 36,42 Euro für Strom für eine Einzelperson reicht nicht aus. Auf städtischer Ebene kann die Nichtprüfungsgrenze für Heizkosten so angehoben werden, dass sie mit den steigenden Preisen mithalten kann. So kann die Schieflage zwischen den angesetzten Pauschalen und den tatsächlich entstehenden Kosten aufgefangen und eine indirekte Kürzung der bereits jetzt nicht zum Lebensunterhalt ausreichenden Mittel verhindert werden.

Mit dem Konzept gegen Energiearmut sollen insbesondere Menschen mit niedrigen und mittleren Einkommen unterstützt werden und auch diejenigen, die wegen der Pleite ihrer Energieversorger aktuell in Bedrängnis geraten sind.