Anfragen

Bericht aus der Ratssitzung November 2022

Rat verabschiedet Resolution gegen Antisemitismus

Wegen des Anschlags vor zwei Wochen auf das Rabbinerhaus der Alten Synagoge verabschiedete der Rat der Stadt einstimmig eine Resolution aller Fraktionen und Gruppen des Rates sowie der Essener Religionsgemeinschaften. Damit erklären sich Rat und Religionsgemeinschaften solidarisch mit der jüdischen Gemeinde in Essen und verurteilen jede Form des Antisemitismus.

Die Ratssitzung dauerte acht Stunden was angesichts der 83 Tagesordnungspunkte und der langen Haushaltsdebatte zu erwarten war. Corona und andere Infekte sorgten für die Abwesenheit vieler erkrankter Ratsmitglieder, darunter auch unserer Fraktionsvorsitzenden Theresa Herzog.

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Haushaltsanträge für ein soziales und solidarisches Essen

Bei der Verabschiedung des letzten Haushalts vor einem Jahr war die Hoffnung noch groß, in diesem Jahr den Corona-Krisenmodus verlassen und zur „Normalität“ zurückkehren zu können. Diese Hoffnung wurde u.a. durch den brutalen Überfall der Russischen Föderation auf die Ukraine zunichte gemacht: die Gesellschaft befindet sich weiter im Krisenmodus. Aus diesem Grund wurde auch dieses Jahr kein Doppelhaushalt verabschiedet.

Zu Beginn ihrer Haushaltsrede zitierte Heike Kretschmer den amerikanischen Philosophen John Rawls: Die sozialen und politischen Maßnahmen einer Gesellschaft müssen den am schlechtesten Gestellten in der Gesellschaft den größten Vorteil bringen. An dieser Stelle ist noch sehr viel Luft nach oben, im Land, im Bund und auch in Essen. Heike forderte, diesem Bewertungsprinzip auch im Rat mehr Bedeutung zu geben. Sie forderte, mehr gegen die soziale Spaltung in der Stadt zu unternehmen.

In diese Richtung zielten auch die Haushaltsanträge der linken Fraktion die Heike mit ihrer Rede begründete. So beantragte DIE LINKE u.a. ein Sozialticket für 9 Euro, mehr Gelder für den Allbau für den sozialen Wohnungsbau und mehr Mittel für soziale Arbeitsmarktprojekte. Heike erinnerte daran, dass DIE LINKE bereits in der letzten Haushaltsrede vor einer steigenden Energiearmut warnte und schon Anfangdieses Jahres einen Antrag für ein Konzept gegen Energiearmut gestellt hat. Der sah u.a. die Einrichtung eines Härtefallfonds vor, wurde aber abgelehnt. Der einen Tag später beginnende verbrecherische und völkerrechtswidrige Angriffskrieg der Russischen Föderation gegen die Ukraine und die Situation noch drastisch verschlimmert. Der zweite Versuch, diesen über den Haushalt zu etablieren, scheiterte durch die Ablehnung unserer Anträge aller anderen Fraktionen ebenfalls. Selbst die SPD konnte trotz zum Teil gleichlautender Anträge, wie bspw. zur Erinnerungskultur, sich nicht entschließen unseren Anträgen zuzustimmen.

Bei den weiteren Anträgen der linken Fraktion ging es um mehr Stellen für Integration, die Stärkung des betrieblichen Gesundheitsmanagements der Verwaltung, mehr für Bildung und Schulen, mehr Unterstützung für das Tierheim, die Stärkung der Freien Kulturszene , den Ausbau des Bewohnerparkens mit der Einführung sozial gestaffelter Tarife sowie darum, mehr Geld für die Grünpflege einzupflegen.

Der Haushalt 2023 ist stark auf Kante genäht. Bei einem Überschuss von nur 9,5 Mio. Euro, einem Puffer für steigende Energiekosten von nur 20 Mio. Euro, einer eingepreisten Tariferhöhung für die Beschäftigten von nur zwei Prozent bei steigender Inflation und steigenden Zinsen kann er der Stadt Essen schnell um die Ohren fliegen. Heike forderte die anderen Fraktionen im Rat dazu auf, mehr Druck auf Land und Bund auszuüben, damit endlich ein Altschuldenfonds eingeführt wird.

Der Haushaltsentwurf wurde mit den Änderungen von CDU und Grünen gegen die Stimmen von DIE LINKE, FDP, EBB, AfD und Tierschutzpartei angenommen.

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Notbremse für das Projekt BürgerRathaus

Mit dem gestrigen Ratsbeschluss wurde für das Projekt BürgerRathaus angesichts massiv steigender Baukosten und Zinsen die Notbremse gezogen. Auch wenn es nicht schade um das nicht gerade schöne Hochhaus ist, bedauerte Heike trotzdem das Scheitern des Projektes. Denn die Grundidee eines sozialen BürgerRathauses, in dem alle Fachbereiche rund um das Thema Soziales gebündelt sind, hat DIE LINKE von Anfang an unterstützt. Es hätte viel Service für die Bürgerinnen und Bürger der Stadt in einem Gebäude geboten.

Außerdem haben die Beschäftigten der Stadtverwaltung, der Personalrat und die Bauverwaltung zusammen mit den Fachpolitikern viele Vorschläge für eine Verbesserung der Arbeitsbedingungen gemacht. Aktuell entsprechen die teilweise über das Stadtgebiet angemieteten Büros oft nicht mehr den gebotenen Standards. So ist. z.B. das Arbeiten im Deutschlandhaus besonders im Sommer eine Zumutung.

Der Rat der Stadt hat der Verwaltung gestern den Auftrag für eine Neuplanung gegeben, mit der Maßgabe, dass die bisher geplante Baukostenhöhe die maximale Obergrenze sein soll. Bis zu dieser Kostenhöhe finanzieren sich die Investitionskosten langfristig durch die Mietersparnisse. Erste Ergebnisse sollen im Januar vorgestellt werden.

Heike stellte fest, dass die Fraktion davon ausgeht, dass die Beschäftigten und der Personalrat wieder so intensiv wie bisher in die Planungen einbezogen werden. Sie forderte Klarheit darüber, welche Fachbereiche in die abgespeckte Campus-Lösung einziehen sollen. Dies sei eine wichtige Grundlage für die weiteren Planungen. Denn es macht einen Unterschied, ob z.B. Bereiche mit vielen oder keinen Kundenkontakten dort untergebracht werden sollen. Deshalb unterstützte die linke Fraktion den Antrag der SPD, weil dieser eine Analyse der Büroflächenbedarfe der einzelnen Fachbereiche einfordert. Oberbürgermeister Thomas Kufen versuchte diesen Gesichtspunkt weg zu moderieren. Offensichtlich hat die Verwaltung noch keinen Plan, welche Verwaltungsteile in das neue Gebäude einziehen sollen.

Die Verwaltungsvorlage wurde mehrheitlich angenommen, der SPD-Antrag wurde mit den trotz Stimmen von SPD, DIE LINKE und Tierschutzpartei abgelehnt.

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Schaffung zusätzlicher Schulräume - Modernisierung Schulhofsatzung

Durch einen gemeinsamen Antrag von CDU und Grüne wurde die Verwaltung aufgefordert, Maßnahmen zur Schaffung zusätzlicher Schulräume und Schulplätze aufzuzeigen und dafür eine Task-Force einzurichten. Außerdem soll die Sanierung der Schultoiletten beschleunigt werden.

Shoan Vaisi machte in seiner Rede darauf aufmerksam, dass sich das langjährige Fehlen einer Schulentwicklungsplanung „rächt“. Denn die mittlerweile vorliegenden Schulentwicklungsplanungen haben verschärft aufgezeigt, dass die Bedarfe hoch sind.

Dazu fragte Shoan, wozu es eigentlich eine neue Task Force braucht, weil es doch eigentlich die tagtägliche Aufgabe der betreffenden Ämter sein müsste, Lösungen zu finden und frühzeitig auf die sich abzeichnenden Bedarfe zu reagieren.

Da wir immer wieder feststellen, dass die Umsetzung des Beschlusses zu Sanierung der Essener Schultoiletten auch durch mangelndes Personal in der Bauverwaltung nicht schnell genug vorankommt und dass die Umsetzung der bestehenden Förderprogramme keinen Spielraum im Bereich Personal erlaubt, fragte Shoan zurecht, aus welchen Fachkräften sich die Task Force zusammensetzen soll. Denn die entsprechenden Mitarbeitenden sind doch jetzt schon überlastetet.

Shoan machte zudem darauf aufmerksam, dass die Stadt vor allem schnell geeignete Grundstücke benötigt. Da mit dem Antrag von CDU und Grüne immerhin ein Versuch unternommen werden soll, die Prozesse für den Schulneubau zu beschleunigen, hat die linke Fraktion diesen unterstützt.

Ein weiterer Antrag von SPD und FDP hat sich für die Modernisierung der Essener Schulhofsatzung eingesetzt, u.a. damit die Schulhöfe attraktiver gestaltet und besser zum Spielen und erholen, für pädagogische Angebote in Schule und Offenen Ganztag, aber auch für die Öffentlichkeit genutzt werden können. Obwohl CDU und Grüne dieses Anliegen inhaltlich unterstützen, stimmten sie dagegen, weil der Zeitpunkt dafür der falsche wäre. Die Gestaltung der Schulhöfe müsse angesichts der Herausforderungen für den Schulbau zurückstehen, zumal Schulhöfe zum Teil für Schulcontainer genutzt werden müssten. Dabei würde gerade dieser Sachverhalt erst recht für eine neue Schulhofsatzung sprechen, aber offenbar ging es CDU und Grüne vor allem darum, einen Grund zu finden, dem Antrag nicht zuzustimmen.

DIE LINKE sowie Tierschutzpartei und Die Partei unterstützten den Antrag, da es sinnvoll ist, mit den vielen Neubauten und Erweiterungsmaßnahmen, im gleichen Zug auch die Schulhöfe mitzudenken. Denn unsere Schulhöfe entsprechen selten den vielfältigen Bedürfnissen von Kindern und Jugendlichen und weisen häufig unterschiedliche Problemlagen auf, die bei weitem nicht nur die Größe betreffen.

Shoan machte klar, dass wir von den lieblosen, planierten Asphaltflächen wegkommen müssen und Schulhöfe stattdessen vor allem den Bewegungsbedürfnissen von Kindern und Jugendlichen entsprechen sowie Möglichkeiten für Gespräche, Ruhe und Entspannung bieten sollten.

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Theaterpassage Rathenaustraße

Im August 2020 hat der Rat der Stadt gegen die Stimmen der linken Fraktion den Beschluss zur Vermarktung der Rathenaupassage in der Innenstadt gefasst. Am 31.12.2023 sollte es freigezogen sein, um es vermarkten zu können. Da sich bisher  niemand Gedanken über Alternativen für die beiden Spielstätten des Grillo Theaters in der Passage, die „Casa Nova“ bzw. „Casa Box“ gemacht hat, gab es einen Antrag von CDU und Grünen dazu.

Demnach sollen „Casa Nova“ und „Casa Box“ ihre Räumlichkeiten bis zum 30. Juni 2024 weiter nutzen können. Heike wertete diesen Vorschlag als sinnvoll, denn nur so kann den neuen Intendantinnen des Schauspiels ermöglicht werden, ihre bereits begonnene Programmplanung auch umsetzen zu können. Sie kritisierte die Verwaltung allerdings dafür, dass sie nicht selber im Zusammenhang mit der weiteren Diskussion über die Immobilie eine Vorlage auf den Weg gebracht hat. Denn jetzt drängt die Zeit. Der Antrag wurde einstimmig angenommen.

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Sanierung des Grugabades

Auf Grundlage einer Projektstudie hat der Rat die Betriebsleitung des Grugabades beauftragt, einen Planungs- und Architektenwettbewerb für die Sanierung des Gurgabades durchzuführen. Shoan begrüßte es, dass das Grugabad endlich saniert und weiterentwickelt wird, da es eine sehr gute Nachricht für die Essener Bürgerinnen und Bürger ist.

Shoan bedauerte, dass die Vorschläge der Grugabad-Freunde aus Kostengründen nicht zu realisieren sind, machte aber auch klar, dass die vorliegenden Planungen einen guten Kompromiss darstellen und in eine gute Zukunft für das Grugabad weisen. Aber die weitere Entwicklung sollte auch weiterhin unter Beteiligung der Öffentlichkeit und der Einbindung der Freunde des Gruga-Bades diskutiert werden.

Er betonte, dass die Politik dabei schauen muss, woher die Gelder kommen und die dauerhafte Sanierung im Blick bleiben sollte. Dass die Gelder nicht aus dem relativ klammen Etat der Sport- und Bäderbetriebe kommen können, ist für uns als LINKE klar, weil das Bad ein Bad für alle sein soll, nicht bloß eines für den Sport.

Shoan betone zudem, dass auch andere Dinge, wie eine weitere Verbesserung der Barrierefreiheit, die Gestaltung von Freiflächen - und hierbei eine stärkere ökologische Ausrichtung -, die Frage von Pflege und Bewässerung und auch eine Verbesserung an den ÖPNV sowie eine stärkere Nutzung durch Kindertagesstätten und Schulen mitgedacht werden sollten.

Die Verwaltungsvorlage zum Grugabad wurde einstimmig bei Enthaltung von SPD und Die Partei angenommen.

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Und sonst?

  • Der bereits im August eingebrachte Antrag der linken Fraktion für Maßnahmen gegen Energiearmutwurde abermals geschoben und kommt am 12. Dezember in den Unterausschuss Soziales. Einige Punkte des Antrags haben sich mittlerweile durch Verwaltungshandeln erledigt, die Einrichtung eines Härtefallfonds wurde mit der Haushaltsberatung abgelehnt. Die Forderung nach der Einrichtung einer Ombudsstelle gegen Energiearmut bleibt noch offen.
  • Die Durchführung von neun verkaufsoffenen Sonntage in insgesamt 14 Stadtteilen für das erste Halbjahr 2023 ist von der linken Fraktion traditionell abgelehnt worden. Im Vorfeld verlas Odnungsdezernent Christian Kromberg eine Stellungnahme der katholischen Kirche, die sich ebenfalls gegen die verkaufsoffenen Sonntage richtet.