Anfragen

Ratsbericht 30. Juni 2021

Bericht aus der Ratssitzung vom 30. Juni 2021

Baubeschluss zum BürgerRathaus beschlossen

Luftfiltergeräten in Schulen auf lange Bank geschoben

 

Eine ganze Reihe Verwaltungsvorlagen und Anträge der Fraktionen wurden von der Tagesordnung genommen, in die Fachausschüsse und die nächste Ratssitzung geschoben, so z.B. die verschiedenen Anträge zu den NS-Gedenkstätten (mehr dazu s. unten), der linke Antrag zur Bewerbung des Ruhrgebietes als UNESCO-Welterbestätte, die empfehlenswerte Vorlage der Verwaltung zu einer Milieustudie Essener Stadtquartiere, der linke Antrag zur Übertragung der Bezirksvertretungssitzungen per Livestream und Weiteres. Die Verwaltungsvorlage zum Aktionsplan zur Erreichung der Klimaneutralität, eine Forderung des Klimaentscheids, wurde fürs Erste nur eingebracht und nicht diskutiert. Sie geht jetzt durch die Fachausschüsse und kommt im August wieder auf die Tagesordnung. Das war insgesamt unproblematisch, denn aufgeschoben ist nicht aufgehoben.

Ärgerlich war aus Sicht der linken Fraktion dagegen, dass ihr Antrag zur Ausstattung der Schulen mit Luftfiltergeräten zusammen mit dem SPD-Antrag zu den Auswirkungen der Pandemie auf Kinder und Jugendliche, auf Betreiben der FDP und mit Unterstützung von CDU und Grünen, von der Tagesordnung genommen wurde. Damit ist die Chance verpasst worden, die Verwaltung über die Sommerferien endlich mit der Anschaffung von Luftfiltergeräten zu beauftragen. Das gehört nicht auf die lange Bank geschoben, denn der Präsenzunterricht muss auch bei der prognostizierten vierten Pandemiewelle so lange wie möglich stattfinden, insbesondere an den besonders förderfähigen Schulen.

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Gründung einer Junior Uni in Altenessen 

Bereits im März hat der Rat der Stadt einstimmig die Gründung einer Junior-Universität auf dem Gelände der Zeche Carl beschlossen (s. auch Ratsbericht von März 2021). Gestern wurde die dazu notwendige Gesellschaft gegründet, die je zur Hälfte aus den Gesellschaftern Stadt Essen und der EWG (Essener Wirtschaftsförderungsgesellschaft) besteht. Für Heike Kretschmer ist die Gründung der Junior Uni Essen gGmbH ein richtiger Schritt, auch um die vielen offenen Fragen bis zum Start der Uni im September 2021 klären zu können, vom pädagogischen Konzept über die anvisierten Schwerpunkte und der Gewinnung von Junior-Studierenden bis hin zu den Raumbedarfen. Gerade die Einbindung eines organisatorischen und eines wissenschaftlich-pädagogischen Beirates ist sinnvoll. 

 

Heike betonte, dass es wichtig ist, die inhaltlichen Schwerpunkte und pädagogischen Konzepte für die unterschiedlichen Altersgruppen vor dem Start der Uni klar zu definieren und begründete die Zustimmung der linken Fraktion zu den Forderungen der SPD-Fraktion nach einem breiten Beteiligungsprozess und der Erarbeitung eines Realisierung-Zeitplans. Sie widersprach Stephan Neumann von den Grünen, der empfahl, die Stadtteilbibliothek Altenessen nur auf dem Gelände der Zeche Carl zu realisieren. Schließlich muss es darum gehen, die Funktionen der Stadtteilbliothek als „Dritten Ort“ und als Einrichtung der Junior-Uni zu stärken, d.h sich nicht in der Fläche zu begrenzen.  Deshalb sollte auch das Allee-Center als Standort geprüft werden.

Heike kritisierte die Verwaltung dafür, dass in der Zeitung bereits über die anvisierten Kosten für die ersten Kurse berichtet wird, bevor die Ratsmitglieder informiert sind. Die Kurskosten von 5 – 10 Euro pro Kurs stehen konträr zum Anspruch der Talententwicklung ungeachtet der finanziellen Möglichkeiten der Kinder und Jugendlichen. Hier erwartet DIE LINKE im Rat ein Umdenken, denn Kursgebühren sind nicht der richtige Weg. Der Gründung der Uni Gesellschaft wurde einstimmig zugestimmt, ebenso einem Ergänzungsantrag von CDU und Grünen sowie einem der SPD.

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Neubau des BürgerRathaus  – die inneren Werte zählen

Für die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Stadtverwaltung soll das neue BürgerRathaus wesentlich bessere Arbeitsbedingungen bieten. Mit einer Kostenschätzung von 161 Mio. Euro inklusive einer Sicherheitszulage von 13 Prozent und einer kalkulierten Laufzeit von dreißig Jahren ist der Neubau wirtschaftlicher als die Mietzahlungen für die auf das Stadtgebiet verteilten Dienststellen. Außerdem sei das Stopfen von Mitarbeiter:innen in leerstehende Büroräume schlecht für diese und die Bürger:innen, so drückte es Christoph Kerscht von den Grünen aus. Daniel Kerekeš knüpfte daran an: Die große Zufriedenheit des Personalrates mit den Planungen sind auch ein guter Grund für DIE LINKE, den Neubau mit zu beschließen, auch wenn er persönlich das Rathaus von außen als nicht schön empfindet. Das Hochhaus könnte zudem die bisherigen Landmarken wie die Alte Synagoge in den Schatten stellen. Immerhin gibt es mehr Fahrradstellplätze in der Tiefgarage als Autostellplätze. Ein gutes Symbol für die Verkehrswende.

Daniel ging auf den Antrag von CDU und Grünen ein, die von der Verwaltung noch verschiedene Punkte geprüft haben wollen, wie z.B. mehr Solarpaneele an der Fassade und mehr Dachbegrünung. Dazu und zu Fragen der Finanzierung hatte DIE LINKE im Vorfeld der Ratssitzung die Projektleiterin der IME, Frau Annette Heydorn, in die Fraktion eingeladen. Diese berichtete, dass die nun zu prüfenden Aspekte alle bereits geprüft worden sind und das Möglichste realisiert werden soll. In diesem Sinne wäre eine ganz andere Planung von Anfang notwendig gewesen, um ein noch nachhaltigeres Rathaus zu bauen. Aber auch so wird immerhin der Goldstandard erreicht. Daniel schlug noch vor, den Namen des BürgerRathauses so zu wählen, dass alle Geschlechter einbezogen oder er neutral ist. Gegen den Baubeschluss stimmte nur das EBB. Der Antrag von CDU und Grünen wurde mehrheitlich verabschiedet auch mit den Stimmen der Linken.

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Bibliothek als „Dritter Ort"

Die klassische und sterile Bibliothek mit langen Reihen von Bücherregalen ist out – Die Bibliothek als „Dritter Ort“ und „öffentliches Wohnzimmer“ ist in. Entsprechende Beispiele gibt es mittlerweile in vielen Städten und auch Essen plant die Zentralbibliothek und die Stadtteilbibliotheken als Orte, in denen sich die Stadtgesellschaft trifft und die Begegnungsorte für alle sein sollen. Heike begrüßte dieses neue Konzept und äußerte die Hoffnung, dass die neue Zentralbibliothek möglichst schon 2025 öffnet, spätestens aber 2027 zum 125-jährigen Bestehen.

Die Bibliothek soll als Begegnungs-, Lern,- Bildungs- und Kulturort erlebt werden und so konzipiert werden, dass auch im Bildungswesen benachteiligte Menschen erreicht werden können. Heike schlug vor, dass sich im Rahmen der Neubildung eines Inklusionsbeirates eine Arbeitsgruppe bildet, die sich mit einer vollumfänglichen Barrierefreiheit auseinandersetzt. Diese könnte das Baukonzepts auf Herz und Nieren prüfen und Verbesserungsvorschläge einbringen. Zudem sprach Heike den Beteiligungsprozess und die Nachhaltigkeitsaspekte an, die mehr sind als der Einsatz von ökologischem Baumaterial. Es bedarf der Erarbeitung eines strategischen Gesamtkonzeptes, auf den sich die linke Fraktion freut.

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Pinkeln ist ein Menschenrecht 

Die Prüfaufträge von CDU und Grünen sowie der SPD für mehr öffentliche Toiletten wurden von Theresa Brücker begrüßt. Denn DIE LINKE setzt sich schon lange für mehr öffentliche Toiletten in Essen ein. Es gibt viele Menschen, deren soziale Teilhabe durch fehlende Toiletten eingeschränkt wird: schwangere, ältere oder chronisch kranke Mitmenschen müssen abschätzen, ob und wie lange sie Zeit im öffentlichen Raum verbringen, weil sie möglicherweise plötzlich und zügig ein Klo aufsuchen müssen. Der Verweis auf die Benutzung von Toiletten in Geschäften und Restaurants war gerade in Coronazeiten nicht hilfreich und ist es sonst auch nicht, da dies oft mit einem Verzehrzwang verbunden ist. Deshalb könnte es nach Theresa bei der Einrichtung der Toiletten ruhig schneller als die angepeilten zwei Jahre gehen, zudem müssen sie kostenfrei für die Benutzer:innen sein. Denn, so stellte Theresa fest, Pinkeln ist ein Menschenrecht! Der Antrag von CDU und Grüne wurde einstimmig angenommen, der von der SPD gegen die Stimmen von SPD, LINKE, Partei und Tierschutzpartei abgelehnt worden.

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Bebauungsplan Kesselstrasse / Bocholder Strasse 

An der Kesselstrasse in Essen-Bochold sollen 133 Wohneinheiten entstehen. Daniel begrüßte es als richtig und wichtig, dass dabei auch Sozialwohnungen gebaut werden sollen. Er kritisierte aber, dass die Planung von Anfang an anders hätte verlaufen müssen und eine höhere Quote geförderter Wohnungen nötig wäre. Außerdem wird für die Flächen, die zusätzlich zu der bisher versiegelten Fläche der ehemaligen Gärtnerei bebaut werden, keine Entsiegelung an anderer Stelle durchgeführt. Daniel schlug in diesem Zusammenhang vor, das Konzept der wachsenden Stadt generell kritisch zu hinterfragen, zumal die bisherigen Prognosen nie eintrafen und die Stadt sogar leicht geschrumpft ist. DIE LINKE im Rat hat sich zum Bebauungsplan enthalten, der mehrheitlich gegen die Stimmen der Tierschutzpartei beschlossen wurde. Außerdem hat der Rat den Beschluss aus der Bezirksvertretung einstimmig mit den Stimmen der Linken unterstützt. Dabei geht es darum, die Aufenthalts- und ökologische Qualität der anliegenden Grünfläche aufzuwerten.

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Kriminalpräventiver Rat beschlossen 

Bei der von CDU und Grünen beantragten Einrichtung eines kriminalpräventiven Rates hat sich DIE LINKE im Rat enthalten. Theresa begründete die Entscheidung damit, dass Kriminalprävention zwar ein wichtiges Thema ist, aber CDU und Grüne den Fehler begehen, dass diese nicht politisch genug ausgestaltet wird, sondern zu verwaltungslastig ist. Die beste Prävention ist für Linke immer noch die soziale Sicherheit für die Menschen. Das schließt auch die mit ein, die straffällig werden. Nicht „mehr Überwachung“ ist der richtige Weg, sondern eine Stadtgesellschaft die hilft, dass Menschen gut und gerne in Essen leben mit günstigem Wohnraum, Bleiberechtsperspektiven, zuverlässigen Hilfsangeboten und eine starke Jugend- und Kinderarbeit.

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Und sonst?

 Ø  Der Antrag der LINKEN aus der Ratssitzung im Mai, das ehemalige Außenlager des KZ Buchenwald „Schwarze Poth“ in der Innenstadt schnellstmöglich in Ordnung zu bringen und die anderen NS-Gedenkstätten in Essen auf ihren Zustand zu überprüfen zog eine ganze Reihe von Anträgen anderer Fraktionen nach sich. Sie wurden in den Fachausschüssen besprochen. Im Kulturausschuss wurde vereinbart, dass es nach den Sommerferien dazu eine gemeinsame Antragstellung aller Fraktionen außer der AfD geben soll. Bis dahin sicherte der Oberbürgermeister zu, die „Schwarze Poth“ in Ordnung bringen zu lassen und die Zugänglichkeit zu gewährleisten.Im Haupt- und Finanzausschuss eine Woche vor der Ratssitzung wurde der Antrag von CDU und Grünen verabschiedet, dass die Stadt eine Übersicht über die Essener Gedenkstätten und die Zuständigkeiten der städtischen Ämter für deren Pflege vorlegt. Damit ist ein Anfang gemacht und deshalb wurden die Anträge im Rat von der Tagesordnung genommen.

 

Ø  Der Rat der Stadt hat auf Antrag von CDU und Grünen die Einrichtung einer Tierschutzbeauftragten beschlossen. DIE LINKE hat sich dazu enthalten und den Anträgen von SPD und Tierschutzpartei zugestimmt. Diese wollten, dass der Arbeitskreis „Tiere in der Stadt“ um den Tierschutzverein und die Ratsgruppen erweitert wird. Die SPD wollte, dass der/die Tierschutzbeauftragte nicht ausdrücklich dem Rat der Stadt angehören muss. Denn die SPD hat auch beantragt, dass statt einer ehrenamtlichen Tierschutzbeauftragte eine Personalstelle dafür eingerichtet wird mit der Begründung, dass eine solche Funktion ein ehrenamtliches Ratsmitglied schnell überfordern kann. Die Tierschutzpartei kritisierte zudem die Begrenzung auf wildlebende Tiere. 

 

Ø  Zum A 40 Deckel gab es eine Vereinbarung aus dem Planungsausschuss: Die verschiedenen Anträge von CDU/Grüne, SPD und LINKE wurden zu einer gemeinsamem Erklärung, dass der Deckel auf der A 40 auch unabhängig von einer olympischen Bewerbung weiter verfolgt wird. DIE LINKE hatte diese Forderung bereits im Mai als Gegenantrag zur Verwaltungsvorlage gestellt, die den Bau des Deckels mit der Durchführung von Olympia verknüpft hatte. Die gemeinsame Erklärung der Fraktionen aus dem Planungsausschuss wurde vom Rat der Stadt einstimmig unterstützt.

 

Ø  Kämmerer Gerhard Grabenkamp gab bekannt, dass dank der Corona-Hilfen von Land und Bund das letzte Jahr trotz Einbrüche bei der Gewerbesteuer mit einem leichten Plus abgeschlossen werden konnte. Aktuell fehlen aber die Zusagen für weitere Hilfen. Wenn diese Zusagen nicht schnell kommen, muss er für die Haushaltsaufstellung im September ohne Hilfen planen, was den Spielraum extrem einschränken würde. Das muss verhindert werden und eine schnelle Lösung von Bund und Land muss her, damit in Essen nicht der Rotstift angesetzt wird.