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Ratsbericht Januar 2019

Ratsmehrheit lehnt RWE-Aktienverkauf erneut ab

Mit rund zweieinhalb Stunden war es die kürzeste Ratssitzung seit Jahren – oder sogar Jahrzehnten? Mehr hat die erste Ratssitzung des Jahres gestern nicht gedauert. Trotzdem gab es einige wichtige Themen, wie den Verkauf der RWE-Aktien, den wir an den Anfang unseres Berichtes stellen.

 

Verkauf der RWE-Aktien

DIE LINKE hat sich in der Ratssitzung erneut für den Verkauf der RWE-Aktien eingesetzt und einen entsprechenden Antrag der Grünen-Fraktion kräftig unterstützt. Nach dem Antrag sollten die Aktien verkauft werden, wenn die 1,8 Mio. Aktien der Stadt Essen einen Erlös von mindestens 25 Euro erzielen. Verkaufserlöse von rund 380 Mio. Euro u.a. über die städtische Allbau GmbH in den kommunalen Wohnungsbau investiert werden.

Gabi Giesecke trat den hanebüchenen Begründungen von SPD („Die Zeit ist noch nicht reif“), CDU, EBB und FDP entgegen, die den Verkauf nicht wollten.  RWE ist eine der größten CO2-Dreckschleudern überhaupt. Dieses Übel abzustellen ist den kommunalen Eignern bisher nicht gelungen. Deshalb zieht auch das Argument der RWE-Freunde aus den anderen Fraktionen nicht, dass die Stadt Essen ihren 3-%-Anteil zur Einflussnahme auf den Konzern behalten soll.

Gabi erinnerte daran, dass der Rat der Stadt so gut wie keinen Einfluss auf die Geschäftspolitik des Konzerns hat. Kommunale Steuerung eines Konzerns wie RWE sei nicht nur nicht möglich, sondern werde von Stadtrat in Essen nicht einmal angestrebt. Selbst der Vorschlag der Linken-Ratsfraktion aus der letzten Ratssitzung, den RWE-Vorstand zur Deeskalation im Hambacher Forst zu drängen, wurde abgelehnt. Auch das Beispiel STEAG zeige, dass solche Großkonzerne kommunal nicht steuerbar sind.

Ausgerechnet Ratsherr Backes von der neoliberalen EBB machte auf sozial, als er sich dazu verstieg, die Notwendigkeit des Aktienbesitzes mit dem Schutz der RWE-Arbeitnehmer zu begründen. Gabi erwiderte, dass die Interessen der Beschäftigten bei der Gewerkschaft IGBCE besser aufgehoben sind, die mit am Verhandlungstisch bzw. in der Kohlekommission sitzt.  Arbeitnehmerrechte sollten im Übrigen nicht gegen Klimaschutz ausgespielt werden. Der Antrag wurde abgelehnt.

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Entwicklungskonzept Baldeneysee

Schon lange hat der Rat beschlossen, den Baldeneysee aufzuwerten. Angefangen werden soll mit dem Regattabereich, der neu gestaltet werden soll. Dem Rat lag diesmal ein Bericht vor über die geplante Ausschreibung eines Wettbewerbs um die Planungsentwürfe. Wolfgang Freye betonte, dass nur wenige Projekte, so wie dieses, in den Ausschüssen einstimmig beschlossen werden. Das zeige den Stellenwert des Sees als beliebtem Ort in Essen. Deshalb ist auch die dringend notwendige Weiterentwicklung ein guter Weg. Es sollte im Planungsverlauf darauf geachtet werden, dass dort nicht nur Sport, sondern auch eine Freizeitnutzung für die Öffentlichkeit weiterhin möglich bleibt, mit öffentlichen Toiletten, etc.

Wolfgang verwies im Übrigen auf das  Problem, dass der Baldeneysee seine Funktion als Naherholungsgebiet immer schlechter erfüllen kann, da es dort oft überfüllt ist. Der Raum dort ist endlich und deshalb brauchen wir auch Erholungsmöglichkeiten in anderen Stadtteilen, besonders im Essener Norden. Dort bietet es sich beispielweise an, am Kanal weitere Möglichkeiten für eine bessere Freizeitnutzung  zu schaffen.

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Fortführung der Spielraumanalyse

Bereits 1998 wurde das Ziel „Essen.Großstadt für Kinder“ festgelegt. In den Handlungszielen dazu wurde 2006 festgehalten, dass „jedes Kind (...) in seiner Umgebung anregungsreiche und saubere Spiel- und Bewegungsräume findet.“  Dieses Ziel ist noch nicht erreicht, wie das Beispiel der Siedlung „Schweizer Dorf“ in Kray zeigt. Dort haben die Eltern in Eigeninitiative einen Spielplatz errichtet, weil weit und breit keiner vorhanden ist. Ezgi Güyildar forderte, dass die von der Verwaltung angekündigten Projekte und Vorhaben auch langfristig finanziell sichergestellt werden müssen.

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Neuer Geschäftsbereich Umwelt und Verkehr 

Planungsdezernent Hans-Jürgen Best geht zum Ende des Jahres in Rente. Zu dieser Gelegenheit sollen die Dezernate 6A (Umwelt, Bauen und Sport) und 6B (Planen) neu zugeschnitten werden. Darin ist sich die Verwaltung einig und legte einen entsprechenden Vorschlag vor. Demnach soll 6A die Bereiche Umwelt, Verkehr und Sport umfassen und 6B Stadtplanung und Bauen. Die Dezernentin des Fachbereichs 6A, Frau Raskob, kann dann strategische Entscheidungen für eine bessere Verkehrspolitik gemeinsam mit der Umweltpolitik verfolgen.

Wolfgang erläuterte, dass auch die Ratsfraktion DIE LINKE diese Bündelung für sinnvoll hält. Früher waren Planungs- und Baubereich zusammengefasst, wie in vielen anderen Städten auch. Gleichzeitig ist die Stärkung und Aufwertung des Verkehrsbereichs in einer Hand, zusammen mit Umwelt, sinnvoll, um Ziele wie das eines „Modal Splits“ von je 25 Prozent für Auto, Rad, Nahverkehr und Fußverkehr zu erreichen.

Der Verwaltungsvorschlag wurde einstimmig beschlossen, bei Enthaltung der FDP-Fraktion. Der FDP-Antrag, den Verkehrsbereich zum Planungsbereich hinzuzufügen und Bauen bei Umwelt und Sport zu belassen, wurde abgelehnt. So ein bisschen entstand bei unserer Fraktion der Eindruck, dass es der FDP bei diesem  Antrag nicht zuletzt darum ging, den Verkehr nicht bei Simone Raskob zu bündeln, da sie zu grün und zu nahverkehrsfreundlich ist.

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EBE: Gründung einer Tochtergesellschaft ohne Tarifbruch

Einstimmig beschlossen wurde die Gründung einer neuen Tochtergesellschaft der Entsorgungsbetriebe Essen (EBE). Gabriele Giesecke zeigte sich erfreut, dass die Gewerkschaft ver.di bei der neuen Gesellschaft schon im Vorfeld die Anwendung des Tarifvertrages des Öffentlichen Dienstes im Wesentlichen durchsetzen konnte. Denn nach den ursprünglichen Plänen der EBE-Geschäftsführung sollte in der neuen Gesellschaft  ein schlechterer Tarif gelten. Erst am Montag wurde auch eine Verständigung über die Aufnahme der Beschäftigten in die Rentenzusatzversorgungskasse erzielt. Damit stand einer Zustimmung der Ratsfraktion DIE LINKE nichts mehr im Wege.

Die neue Gesellschaft soll ab Mitte dieses Jahres das private Containergeschäft unter Beteiligung von Remondis übernehmen. Die Trennung dieses Geschäftes von der kommunalen Entsorgung des privaten Haushaltsmülls ist ein Schritt zur Kommunalisierung der EBE im Jahr 2023. Noch ist Remondis zu 49 Prozent an der EBE beteiligt.

Die Linke setzt sich grundsätzlich für eine Rekommunalisierung ausgelagerter städtischer Betriebe ein. Deshalb forderte sie die Verwaltung auf, die nötigen Vorbereitungen für eine reibungslose Kündigung der Verträge mit Remondis bis Ende 2021 vorzubereiten.

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Anfrage zum Anschlag in der Silvesternacht

Unter dem Punkt Anfragen hat Wolfgang Freye schließlich noch einmal den rassistischen Anschlag in der Silvesternacht in Bottrop und Essen thematisiert, bei dem zehn Menschen zum Teil schwer verletzt worden sind. Nachdem der Anschlag gestern auch Thema im Landtag war – dort wurde gegen die Stimmen der AfD eine Resolution beschlossen, die entschiedenere Gegenwehr gegen Rechts fordert – stellte er die Frage, ob sich Oberbürgermeister Thomas Kufen (CDU) bzw. die Stadtspitze wenigstens um die Opfer gekümmert haben. Öffentlich war darüber nichts bekannt geworden.

Der OB und Ordnungsdezernent Christian Kromberg (CDU) nahmen das Thema durchaus ernst und äußerten sich ausführlich. Kufen berichtetet, dass er sich aus seinem Urlaub mit dem Bottroper OB in Verbindung gesetzt hatte und ihn gebeten hat, den Opfern sein Mitgefühl auszurichten. Aus Essen kommt nur ein Opfer, dem der brutale Autofahrer über den Fuß gefahren ist. Name und Adresse sind der Stadt jedoch nicht bekannt, die Polizei hat ihn aus Datenschutzgründen nicht weitergegeben. Der OB hatte direkt nach Sylvester eine PM herausgegeben, in der er sich allerdings nicht zu dem doch offensichtlich rechtsradikalen Hintergrund der Tat geäußert hat.  

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Und sonst noch: Endlich wieder ein Aufsichtsratsmandat …

Es ist ganz unüblich, aber ausnahmsweise hat DIE LINKE gegen den Vorschlag einer anderen Partei für die Besetzung eines Aufsichtsratsmandates gestimmt. Die SPD hat nämlich ausgerechnet Nina Herff für den Aufsichtsrat der Jugendhilfe/Jugendberufshilfe vorgeschlagen. Nina Herff ist auf dem Ticket der LINKEN in den Rat gewählt worden. Sie wechselte dann jedoch mehrfach ihre politische (Des-)Orientierung, bis sie bei der SPD unterschlüpfte.

Ob sie bei den Aufsichtsratssitzungen auch so oft fehlt wie bei den Ratssitzungen? Oder ob sie doch lieber hingeht – schließlich gibt es 100 Euro pro Aufsichtsratssichtung! Wir werden es erfahren, denn sie wurde natürlich trotz unserer Gegenstimmen gewählt.