Anfragen

Ratsbericht Mai 2020

Rat verpasst Chance für Zeichen der Humanität.

Die erste Ratssitzung seit Ausbruch der Corona-Pandemie fand wegen der Abstandsregeln in der  Messehalle 5 statt. Ein Armutszeugnis war die Debatte um den links/grünen Antrag zur Aufnahme von geflüchteten Kindern. Die SPD findet den Antrag gut, stimmt aber am Gängelband der CDU dagegen und lässt damit ihren Oberbürgermeisterkandidaten, Oliver Kern, im Regen stehen. Die CDU sollte endgültig  das „C“ aus ihrem Namen streichen. 

________________________________________________________________________________

Handlungskonzept „Demokratie und Vielfalt“

Für das im Dezember auf Initiative der Ratsfraktion DIE LINKE beschlossene „Handlungskonzept für Demokratie und Vielfalt“ für den Stadtteil Steele gibt es eine aktuelle Planung, die gestern dem Rat vorgestellt worden ist. Gabi Giesecke bedankte sich für DIE LINKE im Rat bei der Verwaltung für die Planung. Dazu gehört auch eine Bestandsermittlung bereits vorhandener Angebote im Stadtteil. Gabi merkte an, dass dabei die lokalen Initiativen, wie „Steele bleibt bunt“ nicht vorkommen, sondern nur die Aktivitäten der Stadt und stadtnahen Institutionen aufgezählt wurden. Sie regte daher zur Stärkung der Zivilgesellschaft an, die volle Breite der gesellschaftlichen Aktivitäten aufzuzeigen. In der Vorlage ging es auch um die geplante Verwendung von Projektmittel in Höhe von 40.000 Euro, die der Rat im November beschlossen hat. Dabei soll die Arche Noah mit ihrer wichtigen Arbeit des interreligiösen Dialogs stark berücksichtigt werden. Das begrüßte Gabi. Der Konflikt in Steele ist aber nicht vorranging ein interreligiöser Konflikt, sondern ein politischer. Deshalb forderte sie, dass eben auch freie und kleine Initiativen aus der Zivilgesellschaft berücksichtigt und unterstützt werden sollen. 

Die Planung der Verwaltung ist in vier Bereiche gegliedert. Dabei geht es um die Verzahnung der Aktivitäten in Steele, die Durchführung von Expert*innen-Gesprächen mit Akteur*innen vor Ort, um fachliche Inputs gegen Stammtischparolen und die Durchführung partizipativer Stadtteilaktionen. Im Vorfeld der Ratssitzung hat die Fraktion DIE LINKE von der Verwaltung die Auskunft bekommen, dass bei den „Expert*innen-Gesprächen“ auch mit Leuten aus dem Umfeld der sog. „Steeler Jungs“ gesprochen werden soll. Das lehnte Gabi entschieden ab. Schließlich sind die „Steeler Jungs“ das Problem und können nicht Teil der Lösung sein. Recherchen vom Bündnis „Essen stellt sich quer“ haben zudem klar aufgezeigt, dass es sich unter dem harmlos klingenden Namen „Jungs“ straffe Neonazis tummeln. Besser wäre es daher, Angebote in Richtung Aussteigerprogramme zu machen, als sie in das Handlungsprogramm einzubeziehen. Zur demokratischen Vielfalt in Steele kann diese Gruppierung nichts beitragen, weil sie dieser feindlich gegenübersteht. 

Da Stadtrat nahm den Zwischenbericht zur Kenntnis, er wird im Laufe des Jahres fortgeschrieben.

________________________________________________________________________________

Europakonzept der Stadt Essen

Die Verwaltung hat mit einer gut strukturierten Darstellung ihre Europapolitik anhand von fünf Feldern beschrieben: Vernetzung, Europafähigkeit der Verwaltung, Kommunikation und Information, Fördermittelakquise und Einflussnahme auf EU-Rechtsetzung und EU-Politik. Gabi bedankte sich bei der EU-Beauftragten der Stadt, Frau Thetard, und denjenigen in der Stadtverwaltung, die die internationalen Kontakte pflegen. Davon profitiert Essen enorm, immerhin fließen (noch) jährlich 35,4 Millionen Euro von Brüssel nach Essen. Gabi mahnte allerdings die Solidarität in Europa an. Als die Corona-Pandemie losging, war die erste Regung, die Grenzen dicht zu machen. Immerhin hat die Uniklinik mit der Aufnahme von Corona-Kranken aus anderen Ländern ein ermutigendes Zeichen gesetzt. Leider ist aber Solidarität in Europa eher die Ausnahme, das zeigt sich auch bei der Verteilung von Geflüchteten. Wenn sich die Menschen in Essen und in Europa nicht solidarisch und international aufstellen, wird es schwierig, Demokratie und Vielfalt zu leben. Das Europakonzept fand eine breite Zustimmung, nur der Vertreter der NPD stimmte dagegen.

________________________________________________________________________________

Digitalisierung an den Schulen vorantreiben

Die Groko aus SPD und CDU sowie die Grünen haben Anträge gestellt, die Digitalisierung der Essener Schulen stärker als bisher zu fördern. So sollen laut Groko-Antrag u.a. die personellen und organisatorischen Voraussetzungen von der Verwaltung festgestellt und konzeptionell dargestellt werden. Außerdem soll ein Konzept erstellt werden, wie aus dem 500 Millionen Sofortprogramm des Bundes für bedürftige Kinder die Versorgung mit Endgeräten und online-Lernangeboten abgerufen und umgesetzt werden können. DIE LINKE im Rat hat den Antrag der Groko unterstützt und sich bei den ersten drei Punkten des grünen Antrages enthalten, weil diese wegen der Vermengung des Digitalpaktes des Bundes und der Coronamaßnahmen nicht schlüssig waren.

Gabi begründete den linken Ergänzungsantrag: Die Gefahr besteht, dass das sog. „Home-Schooling“ die Bildungsungleichheiten weiter verschärft. Deshalb soll der Rat der Stadt Essen die Landesregierung auffordern, Mittel bereit zu stellen, damit unterstützendes Personal, das z.B. aus Schulsozialarbeiter*innen oder Lehramtsstudierenden bestehen könnte, für das „Home-Schooling“ eingestellt werden kann. Dieses Personal soll bei technischen sowie vor allem bei pädagogisch-didaktischen Fragen rund um das „Home-Schooling“ helfen und den Schüler*innen beratend zur Seite stehen. Denn es ist damit zu rechnen, dass das rollierende System aus „Home-Schooling“ und Präsenzunterricht erst einmal weiter geht. Die damit einher gehenden Bildungsungleichgewichte können die Lehrenden unter den aktuellen Bedingungen nicht auffangen. Der Antrag der Groko wurde angenommen, der grüne sowie der linke Antrag abgelehnt.

________________________________________________________________________________

Antrag von Linken und Grünen zur Aufnahme von Flüchtlingskindern abgelehnt

Dazu hat sich die Ratsfraktion DIE LINKE am Tag nach der Ratssitzung in einer Pressemitteilung wie folgt geäußert: „Für die Ratsfraktion DIE LINKE ist es nicht nachvollziehbar, dass die Mehrheit des Stadtrates gestern die zusätzliche Aufnahme von besonders schutzbedürftigen Geflüchteten abgelehnt hat. Einen entsprechenden Antrag, bei dem es ausdrücklich um unbegleitete Minderjährige ging, also um Kinder, haben die Fraktionen DIE LINKE und Die Grünen vor dem Hintergrund der katastrophalen humanitären Lage in den griechischen Flüchtlings-Camps gestellt. Dabei ging es darum, vor allem gegenüber der Bundesregierung ein Zeichen zu setzen, wie es viele andere Städte wie Köln, Düsseldorf, Dortmund und Bonn bereits getan haben. Neben Linken und Grünen stimmte auch die Tierschutzpartei für den Antrag.

„Bei der Aufnahme besonders schutzbedürftiger Geflüchteter kommt die Bundesregierung nicht ,aus den Pötten‘, sondern spielt seit Monaten ,Ping Pong‘ mit anderen EU-Ländern und um die Kostenfrage“, so die Fraktionsvorsitzende Gabriele Giesecke. „Deshalb wäre es so wichtig, dass viele Kommunen signalisieren: Uns geht es um Humanität, die EU darf die schrecklichen Zustände in den Flüchtlingslagern am Mittelmeer nicht weiter ignorieren. Besonders CDU und FDP verlegten sich im Rat jedoch auf Erbsenzählen und darauf, dass Essen die Quote für die Aufnahme von Geflüchteten erfüllt – was überhaupt nicht strittig war. Das ist aus unserer Sicht ein Armutszeugnis!“

Insgesamt sitzen über 40.000 Menschen in hoffnungslos überfüllten griechischen Auffanglagern fest, davon alleine 20.000 in Moria. Mittlerweile stehen die ersten Lager wegen Corona unter Quarantäne. Selbst einfachste Hygieneregeln können in der drangvollen Enge nicht eingehalten werden und durch den Abzug von Hilfsorganisationen wird die Bedrohung durch die Corona-Pandemie weiter dramatisch verschärft.

„Die CDU sollte das ,C‘ in ihrem Namen streichen, denn die Kirchen hätten ja auch in Essen einen Beschluss des Stadtrates begrüßt“, so Gabriele Giesecke weiter. „Und die SPD traute sich wieder nicht, aus der Großen Koalition auszuscheren, obwohl gemeinsam mit der SPD gestern eine Mehrheit für den Antrag möglich gewesen wäre. Mit ihrer Ablehnung des Antrages lässt die SPD auch ihren Oberbürgermeisterkandidaten Oliver Kern im Regen stehen, auch wenn der stellvertretende SPD-Fraktionsvorsitzende Martin Schlauch gestern beteuerte, mit dem ,Herzen‘ sei die SPD-Fraktion für den Antrag. Schade, dass es für das Handzeichen nicht mehr gereicht hat und ein schlimmes Signal obendrein.“

________________________________________________________________________________

Keine Kapazitätserweiterung des Flughafens Düsseldorf

Mit einem gemeinsamen Antrag von SPD/CDU/Grüne/Tierschutz/SLB und LINKE hat der Rat der Stadt die geplante Kapazitätserweiterung des Düsseldorfer Flughafens abgelehnt. Wolfgang verwies auf die Anfrage der Linken im letzten Hauptausschuss zum Planfeststellungsverfahren des Landes. Dazu hat der Planungsdezernent Harter bereits eine ähnlich kritische Stellungnahme der Stadt wie 2016 zugesagt. Über 1. Mio. Menschen sind im Einzugsbereich des Flughafens von Fluglärm betroffen und Fluglärm macht bewiesenermaßen krank. Deshalb kann die geplante Erweiterung von 47 auf 60 Flügen pro Stunde nur abgelehnt werden. Der Antrag wurde gegen die Stimmen der FDP verabschiedet.

________________________________________________________________________________

Haushaltssperre bleibt

Die Grünen haben ihren Antrag nach Aufhebung der vom Kämmerer verhängten Haushaltssperre zurückgezogen und stattdessen beantragt, dass die Wahrnehmung freiwilliger Leistungen zur Bewältigung der Corona-Pandemie oder der Sicherung bestehender Strukturen von der Sperre ausgenommen sind. Das reicht aus Sicht der linken Fraktion aber nicht aus. Jede Form der Kürzung angesichts der Corona bedingten Herausforderungen ist  kontraproduktiv. Deshalb hat DIE LINKE im Rat mündlich den Antrag nach Aufhebung der Haushaltssperre erneut gestellt. Gabi begründete dass damit, dass auch eine Haushaltssperre die enorme Schieflage des städtischen Haushaltes niemals beseitigen kann. Außerdem bedeute eine Haushaltssperre weitere bürokratische Hürden für die Verwaltung, die unnötig Kräfte bindet. Sie erneuerte die Forderung nach einem „Rettungsschirm“ für Kommunen.  Den Vorschlag von SPD-Bundesfinanzminister Scholz begrüßte sie als ersten Schritt. Interessanterweise stellen sich sowohl Oberbürgermeister Kufen wie Kämmerer Grabenkamp, beide CDU, hinter die Scholz-Initiative – ganz anders als die meisten ihrer Parteigenossen auf Bundesebene. Der grüne Antrag wurde gegen die Stimmen von FDP/EBB und Linke angenommen, der linke Antrag abgelehnt.

_______________________________________________________________________________

Umweltspur Schützenbahn und Fahrradstraße A und B

Die drei Tageordnungspunkte dazu wurden gemeinsam beraten. Die Einrichtung der Fahrradstraßenachse A durch Frohnhausen, Holsterhausen, Rüttenscheid und dem Südviertel hat DIE LINKE im Rat zugestimmt, die Einrichtung der Fahrradstraßenachse B durch die Rüttenscheider Straße dagegen abgelehnt. Wolfgang begründete die ablehnende Haltung: Ohne den vom Gutachter vorgeschlagenen Abbiegezwang für den Autoverkehr, der den Autoverkehr um ca. 25 Prozent reduzieren würde, wird das Fahrradfahren auf der „Rü“ noch unsicherer als bisher. Denn mit der Einrichtung als Fahrradstraße fallen die Radwege auf dem Bürgersteig weg und die Radfahrenden müssen sich den Platz mit den Autos auf der Straße teilen. 

Ebenso abgelehnt hat DIE LINKE im Rat die Einführung der „Umweltspur“ auf der Schützenbahn. Im Gegensatz zu den Vorschlägen der Gutachterfirmen, den kompletten City-Ring in eine Umweltspur umzuwandeln, sind jetzt nur noch 960 Meter übrig geblieben und das auch noch mit Einschränkungen. Ein gemeinsamer Antrag von den Fraktionen Grüne und LINKE, der diese Mängel beheben sollte, wurde im Februar im Bau- und Verkehrsausschuss abgelehnt. 

Wolfgang zeigte sich überrascht, dass die CDU das Bürgerbegehren Radentscheid unterstützen will und forderte sie dazu auf, nicht nur die Lippen zu spitzen. Nach 60 Jahren Entwicklung als autogerechte Stadt gibt es besonders in der CDU noch große Widerstände gegen Maßnahmen, die Verbesserungen für den Radverkehr bringen und den Autoverkehr einschränken sollen. Der Fraktionsvorsitzende der CDU, Jörg Uhlenbruch, bestätigte das. Für ihn existiere der Umkehrschluss nicht, dass eine Ausweitung des Modal-Splits für Bus, Bahn, Fuß- und Radverkehr eine Einschränkung für den PKW-Verkehr bedeuten müsse. Dabei ist das eine einfache Frage der Physik.

Das Essener Bürger Bündnis (EBB) hat mehrere Anträge gestellt, alle diese Maßnahmen für ein Jahr auszusetzen, weil durch Corona die Messwerte gesunken seien. Diese unsinnigen Anträge wurden abgelehnt. Die Fahrradstraßenachse A wurde gegen die Stimmen vom EBB und der NPD verabschiedet, die Fahrradstraße B gegen die Stimmen von Linken, Grünen, EBB und NPD, die „Umweltspur“ Schützenbahn nur mit den Stimmen von SPD und CDU.

________________________________________________________________________________

Zukunft für das Grugabad

Gestern war ein guter Tag für das Grugabad! Das stellte Wolfgang für DIE LINKE im Rat fest. Mit der Vorlage der Verwaltung, den Anträgen der Groko und der Grünen gibt es ein eindeutiges Bekenntnis, das Grugabad zu sanieren und als Ganzjahresbad zu entwickeln. Das Grugabad ist nicht nur das älteste, schönste und größte Bad in Essen sondern auch das multikulturellste Bad, das auch verschiedene Bevölkerungsschichten vereint. DIE LINKE hat schon vor zwei Jahren beantragt, Gelder zur Grundsanierung zur Verfügung zu stellen. Jetzt wird es umgesetzt. Wolfgang begrüßte, dass auch die Belange des Denkmalschutzes berücksichtigt werden sollen und die Eintragung als Denkmal zeitnah auf den Weg gebracht werden soll. Das ist jahrelang geschoben worden, einen entsprechenden Antrag hat DIE LINKE bereits 2015 gestellt. Wolfgang unterstützte den Vorschlag der „Freunde des Grugabades“, nur den unteren Teil mit einem ausgebauten Kinderbecken zu überdachen und nicht das große Schwimmerbecken samt Tribüne. Eine komplette Überdachung würde viel an der Leichtigkeit und Offenheit des Ensembles kaputt machen. DIE LINKE geht davon aus, dass diese Vorschläge der Grugabadfreunde Berücksichtigung finden. Wolfgang erwähnte noch, dass der linke Antrag „Bleib cool am Pool“ für gewaltpräventive Konfliktlösungsprogramme letzte Woche im Sportausschuss einstimmig angenommen worden ist. Der Planungsprozess für das Grugabad wurde einstimmig auf den Weg gebracht.

_______________________________________________________________________________

Kleingärten entwickeln 

Dazu lag ein Sachstandsbericht vor, den ein Landschaftsarchitekt im Auftrag der Stadt Essen erstellt hat und für den eine Umfrage unter den Kleingärtner*innen ausgewertet worden ist. Wolfgang bedankte sich beim Arbeitskreis Kleingärten und der Verwaltung für die Umfrage, die viel Zuspruch fand. Das Konzept für die Kleingartenentwickung kann nur gemeinsam und im Konsensprinzip entwickelt werden. Das war nicht immer so. In der Vergangenheit sind die Kleingärten von der Verwaltung zum Teil als Freilandreserve angesehen worden. Das ist zum Glück vorbei, was auch daran liegt, dass es mittlerweile wieder Wartelisten für Kleingärten gibt. Wolfgang erwähnte, wie wichtig ein Kleingarten gerade in Corona-Zeiten sein kann, besonders für Menschen, die sich keinen Urlaub leisten können und nicht gerade zur Spitze der Verdienenden gehören.

________________________________________________________________________________

Und sonst?