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Ratsbericht Juli 2019

Klimanotstand: Essen, die Insel der Glückseligen?

Macht der Klimawandel einen Bogen um Essen? Im Gegensatz zu anderen Städten wie Düsseldorf, Dortmund, Bochum, Köln, London, New York und Amsterdam eierte der Rat der Stadt Essen unter Führung der Groko rum und lehnte einen Antrag von Grünen und LINKEN zum Klimanotstand ab.   Unter dem Eindruck der Kundgebung von KlimaaktivistInnen vor der Ratssitzung und ihrer Anwesenheit auf der Zuschauertribüne kam es dann immerhin zu einer lebhaften Debatte.

Einen Erfolg erzielte DIE LINKE bei der Besetzung des Aufsichtsrates der neuen Immobilienholding. Ihr Antrag auf drei statt nur zwei Beschäftigte im Aufsichtsrat, dem sich zuerst nur die Grünen anschlossen, wurde mehrheitlich angenommen.

 

Keine Ausrufung des „Klimanotstandes“

Es ist ein großer Verdienst der AktivistInnen von Fridays for Future, dass niemand mehr um das Thema Klimawandel herumkommt. Hoch umstritten bleibt allerdings, wie engagiert gegen den Klimawandel gekämpft werden muss. Dabei ist das Ärgerliche gar nicht so sehr die fehlende Überschrift „Klimanotstand“, die der Rat gestern ablehnte. Der Kern des Antrages von Grünen und LINKEN, die Stadtverwaltung solle in den Entscheidungsvorlagen jede anstehende Maßnahme auf Klimaschädlichkeit prüfen, scheiterte am Widerstand der Groko. Deshalb enthielt sich die Fraktion DIE LINKE beim Antrag der Groko, der zwar auch viel Richtiges enthielt, aber nichts wirklich Neues.

„Klima ist das Wetter von gestern!“, mit diesem Satz und seiner Rede hat Dr. Krüger von der FDP-Fraktion bewiesen, warum wir die Fridays for Future brauchen, erläuterte Gabriele Giesecke von den LINKEN im Rat in ihrer Rede. Sie verwies auf den UN-Generalsekretär Antonio Guterres, der vom Klimanotstand gesprochen hat und an die Weltgemeinschaft appelliert hat, dass die Staaten, dass jede/r Einzelne/r dazu beiträgt, die Klimaziele zu erreichen. Dazu gehört natürlich auch die Stadt Essen.

Global betrachtet sind die sozialen Auswirkungen des Klimawandels asymmetrisch: Arme Länder leiden mehr als reiche Länder und arme Menschen mehr als wohlhabende. Das ist in Essen nicht anders, so Gabi. Denn in den verdichteten Vierteln z.B. der Innenstadt, in denen die Menschen mit weniger Geld wohnen, wird die Zunahme der Hitze unerträglicher sein als in den grünen Vororten. Diese Menschen werden sich auch keine E-Autos leisten können. Sie brauchen hingegen Unterstützung bei der Ausstattung ihrer Haushalte mit klimaeffizienten Haushaltsgeräten. Gabi kritisierte den drohenden Tod der Umweltspur durch Prüferitis und forderte einen günstigen Nahverkehr, z.B. wie in Wien mit einem 365-Euro-Jahresticket.

Essen ist keine Insel der Glückseligen, stellte sie fest. Der Klimanotstand ist bereits da, weil Menschen weltweit vor Dürre oder Überschwemmungen fliehen müssen. Das sind die Folgen der kapitalistischen Wirtschaftsweise und der Ausbeutung der Rohstoffe. Deshalb ist für den Klimaschutz auch ein Umsteuern in der Wirtschaftsweise notwendig.

Wolfgang Freye kritisierte die Hinterzimmerpolitik  der großen Koalition. Denn im April haben Grüne und LINKE nur deshalb ihren Antrag zurückgezogen, weil zugesagt worden ist, einen gemeinsamen Antrag zu stellen. Stattdessen lag erst kurz vor der Sitzung des Umweltausschusses  vor einer Woche der fertige Antrag von SPD und CDU vor.

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Bekämpfung der Kinder- und Jugendarmut

Viel Richtiges schlagen SPD und CDU in ihrem Antrag zur Bekämpfung der Kinder- und Jugendarmut vor, wie etwa die Erstellung eines integrierten Handlungskonzeptes und die Bekämpfung der Armut  als Querschnittsaufgabe der gesamten Stadtverwaltung. Für DIE LINKE im Rat fehlten aber entscheidende Punkte und deshalb hat sie einen Ergänzungsantrag vorgelegt. Ezgi Güyildar begründete das Anliegen. 2020 läuft der Förderzeitraum der größtenteils von der EU finanzierten Integrierten Handlungskonzepte vieler Stadtteile aus. Dann fehlt die Finanzierung für die zusätzlichen Stellen in den Kitas zur Unterstützung der ErzieherInnen, wie z.B. für  ErgotherapeutInnen. Deshalb ist es notwendig heute schon zu prüfen, wie diese Stellen von der Stadt weiter finanziert werden können. Es muss sichergestellt werden, dass die Betreuung in den Kitas noch besser wird. Denn Bildung ist ein Schlüssel zur Bekämpfung der Armut.

Frau Hallmann von der CDU sperrte sich gegen dieses Anliegen u.a. mit der Begründung, es müsse erst evaluiert werden, wie groß die Bedarfe sind. Julia Jankovic von der SPD äußerte sich ähnlich. Beide lehnten den linken Antrag mit der Begründung ab, er sei nicht ausreichend. Gabi wunderte sich über diese Begründung und stellte klar, dass es sich nicht um einen Ersetzungsantrag, sondern um einen Konkretisierungsantrag handelt. Um zu wissen, dass die Bedarfe bei der Bildung groß sind, braucht es keine Evaluation. Im Übrigen geht es bei Kinderarmut immer auch um Elternarmut. Dagegen helfen nur existenzsichernde Einkommen.

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Protest erfolgreich­­: Frida-Levy-Erweiterung auf VHS-Gelände doch möglich

Es geht also doch. In der Machbarkeitsstudie zur Sanierung und Optimierung der Frida-Levy-Gesamtschule kommt die Verwaltung zu dem Ergebnis, dass eine „sachgerechte bauliche Lösung“ unter Einbeziehung des benachbarten Grundstücks der ehemaligen VHS die beste Lösung darstellt. Wolfgang Freye stellte fest, dass der Rückzug von Köbl und Kruse im letzten Jahr ein großer Glücksfall für die Stadt war. So blieb das Filetgrundstück in städtischer Hand. Alleine schon wegen der Knappheit der Grundstücke ist es wichtig ist, dass möglichst viele Grundstücke städtisch bleiben. Erst so ergibt sich jetzt die Möglichkeit die Frida-Levy-Gesamtschule vor Ort zu sanieren. Wolfgang bedankte sich herzlich bei den Schülerinnen und Schülern der Schule sowie beim Lehrpersonal, die erst mit ihrem Protest einen Nachdenkprozess in Gang gesetzt haben. Bereits im März hat DIE LINKE im Rat beantragt, ein alternatives Konzept für die Entwicklung des ehemaligen Geländes der Volkshochschule unter Einbeziehung der Schule zu erarbeiten. Dank der Verwaltungsvorlage sollte jetzt möglichst schnell Nägel mit Köpfen gemacht werden. Weil das die anderen Fraktionen auch so sehen, steht dem Neubau der Gesamtschule nichts mehr im Wege.

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Nicht mehr Geld für Essen Marketing

Die Essener Marketing GmbH braucht mehr Geld? Nicht nach Meinung der Fraktion DIE LINKE! Das Zusammenlegen der Touristikzentrale mit dem Kundencenter der Ruhrbahn direkt am „Kettwiger Tor“ ist zwar sinnvoll, weil langfristig Geld eingespart werden kann. Gabi lehnte es aber für DIE LINKE ab, Mehrkosten bei Essen Original ausschließlich durch städtische Gelder abzudecken. Stattdessen sollte der Einzelhandel herangezogen werden, der von dieser Großveranstaltung profitiert. Dieser steuert keinen Cent bei. Durch die Hintertür eines „Sportmarketings“ soll vor allem die Olympia-Bewerbung vorangetrieben werden – hier geht DIE LINKE nicht mit.

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Bündelung der Immobilienaktivitäten

Ohne Debatte wurde der von den LINKEN initiierte gemeinsame Antrag von LINKEN und Grünen einstimmig bei Enthaltung von FDP und NPD angenommen.  Die Vertreter der Beschäftigten im Aufsichtsrat der neuen Immobilienholding sollen drei statt, wie vorgesehen, zwei Plätze haben. Das ist auch ein Erfolg für den Betriebsrat der Allbau, dessen Forderungen die Linksfraktion aufgegriffen hat. Zuerst war für den Aufsichtsrat gar keine Beteiligung der Beschäftigten  vorgesehen, da es sich um einen freiwilligen Aufsichtsrat handelt. Mit einem Antrag auf Beteiligung von Beschäftigten scheiterte die LINKE noch im März. Die Allbau GmbH und die Grundstücksverwaltung Stadt Essen GmbH (GVE) sind für das operative Geschäft verantwortlich, die Immobilien Management Essen GmbH (IME) für Strategie, Planung und Investitionen. Daraus ergeben sich Abstimmungsbedarfe zwischen den Beschäftigten und ihren Vertretungen aus diesen Gesellschaften. Alle Beschäftigten sollten über die gleichen Informationen verfügen und deshalb aus allen drei Gesellschaften mit Sitz und Stimme im Aufsichtsrat vertreten sein. So wird es jetzt auch kommen.

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Vergütung von Aufsichtsratsmitgliedern

Die Aufsichtsräte der Theater und Philharmoniebetriebe Essen (TuP) und der Messe Essen sollen als Teil ihrer Aufwandsentschädigung Eintrittskarten erhalten, die nicht übertragbar sind und versteuert werden müssen. Diesen Antrag von SPD und CDU unterstützte DIE LINKE im Rat, denn diese Regelung ist rechtlich in Ordnung, transparent und nachvollziehbar. Denn es gehört zur Aufsichtspflicht von Aufsichtsräten sich selber ein Bild von den Aufführungen bzw. Veranstaltungen zu machen, um die Qualität beurteilen zu können.

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Landwirtschaftliche Fläche am Spielkampsweg erhalten

Viele Flächen auf denen einst Standorte für Geflüchtete vorgesehen waren, sollen jetzt anderweitig genutzt werden. Dazu legte die Verwaltung Vorschläge vor, denen DIE LINKE im Rat auch zustimmen konnte. Nur eine mögliche Bebauung am Spielkampsweg lehnte sie ab. Wolfgang sprach sich dagegen aus, weil es sich um eine landwirtschaftliche Fläche handelt, von denen es in Essen nicht mehr viele gibt. Zudem hat sie eine wichtige Funktion als Frischluftschneise für die umliegenden Stadtteile.  

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Nein zum Bebauungsplan Kunstwerkerstraße

Das Gelände an der alten Kunstwerkerschule am Ende des Siepentals soll bebaut werden. Wolfgang begründete für DIE LINKE im Rat die Ablehnung des Bebauungsplanes, der einen Abriss der alten Schule und eine zu starke Bebauung zulässt. Durch eine zu hohe Verdichtung wären das Siepental als grüne Oase und der alte Baumbestand gefährdet. Außerdem würde sich die Verkehrssituation verschärfen. Das sieht auch die Bezirksvertretung II so, die das Vorhaben mehrheitlich abgelehnt hat. Diesem Votum folgte der Rat nicht.

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Und täglich grüßt das Murmeltier: LINKE lehnt verkaufsoffene Sonntage ab

Wieder einmal standen verkaufsoffene Sonntage zur Verabschiedung. Ezgi erinnerte den Rat an die guten Gründe für DIE LINKE im Rat, die sich schon oft vorgebracht hat und begrüßte die ablehnenden Stellungnahmen der Kirchen und von verdi. Sie appellierte an die Mitglieder der Fraktion mit dem „C“ im Namen, die verkaufsoffenen Sonntage abzulehnen, denn am Sonntag sollte die Familie vor den Profiten stehen. Dieser Appell kam nicht an, immerhin gab es aber zwei weitere Nein-Stimmen und vier Enthaltungen bei den Grünen.

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Dezernenten gewählt

Da die Amtszeit von Ordnungs- und Personaldezernent Christian Kromberg nach acht Jahren ausgelaufen ist, stand er zur Wiederwahl an. Ebenso gewählt wurde ein neuer Bau- und Planungsdezernent als Nachfolger von Herrn Best, der in Rente geht. Dazu hatte sich Martin Harter beworben, der derzeit Dezernent in Gelsenkirchen ist. Die Wahl beider Dezernenten fand auf Antrag der LINKEN im Rat in geheimer Wahl statt. Christian Kromberg erhielt von 80 Stimmen, 73 Ja- und zwei Neinstimmen sowie 5 Enthaltungen, Martin Harter erhielt 62 Ja- und 5 Neinstimmen sowie 13 Enthaltungen.

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Und sonst?

  • Wolfgang stellte eine Anfrage, wie gewährleistet werden kann, dass das inklusive Wahlrecht für entmündigte Bürger umgesetzt werden kann. Dazu erläuterte Sozialdezernent Peter Renzel, dass die  Verwaltung nach dem entsprechenden Gerichtsbeschluss Anfang des Jahres, alle Betreuerinnen und Betreuer unterrichtet hat, so dass entmündigte Bürgerinnen und Bürger bereits bei der Europawahl die Möglichkeit hatten, wählen zu gehen.
     
  • DIE LINKE im Rat hat ihren Antrag auf Durchführung eines jugendpolitischen Kongresses zum Klima- und Artenschutz bis auf Weiteres zurückgezogen. Dieser Antrag wurde von der letzten Ratssitzung in den Umwelt- und den Jugendhilfeausschuss verwiesen. Dort wurde vereinbart, dass der Kongress durchgeführt wird, wenn es entsprechende Initiativen der Jugendlichen dazu gibt.