Anfragen

Ratsbericht September 2022

Einbringung des Haushaltes 2023 vor dem Sturm

Rat verabschiedet Resolution: Gemeinsam durch die Energiekrise

Oberbürgermeister Thomas Kufen und Stadtkämmerer Gerhard Grabenkamp haben den Entwurf für den Haushalt 2023 eingebracht. Beide appellierten an Bund und Land so schnell wie möglich einen Altschuldenfonds einzurichten. Angesichts steigender Zinsen schließe sich das Zeitfenster immer schneller, warnte der Kämmerer.  

Der Rat der Stadt hat einstimmig die Resolution „Gemeinsam durch die Energiekrise“ verabschiedet. Damit appelliert der Rat an EU, Bund und Land „die Städte und Gemeinden in der Energiekrise verstärkt zu unterstützen“ und drängt auf „einen Schutzschirm, aufgespannt und finanziert durch die vereinten Anstrengungen sämtlicher staatlicher Ebenen.“

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Haushalt 2023 „auf Kante genäht“

Der Haushalt 2023 soll angesichts des „Sturms“, der sich laut Kämmerer zusammenbraue, die “Balance zwischen Krisenmanagement und Zukunftsgestaltung“ sichern. Der Haushalt ist stark „auf Kante genäht“. Bei einem Volumen von 3,6 Mrd. Euro bleibt ein mageres Plus von 9,5 Mio. Euro. Das sind knapp 0,3 Prozent der gesamten Summe. Der Kämmerer hat zwar Sicherheiten für Energiepreiserhöhungen und Zinssteigerungen schon eingeplant, aber ob die ausreichen werden steht in den Sternen.

Der Oberbürgermeister stellte zehn Handlungsfelder vor, in denen die Verwaltung ihre Schwerpunkte für das nächste Jahr sieht: Bildung, Sicherheit, Energieversorgung, Klimaschutz, Digitalisierung, Innenstadtentwicklung, bürgernahe Stadtverwaltung, Wirtschaftsentwicklung, Sport und Kultur. Es gibt kein eigenes Handlungsfeld für das Soziale. Das wird unter „Innere und soziale Sicherheit“ mit abgehandelt. Es wird Aufgabe der linken Fraktion sich dafür einzusetzen, dass das Soziale nicht unter die Räder gerät.

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Energiekrise: Was kann die Stadt Essen tun?

Die Fraktionsvorsitzende Theresa Herzog begründete die Unterstützung für die Resolution und wies darauf hin, dass es der LINKEN sehr bewusst sei, dass die Stadt die Krise nicht alleine stemmen kann. Allerdings kommt es auch darauf an, dass die Stadt im Rahmen ihrer Möglichkeiten zusätzlich Unterstützung für die Bürgerinnen und Bürger leistet. An dieser Stelle bleibt die von CDU/SPD/GRÜNE/FDP eingebrachte Resolution inhaltlich schwach. Es heißt darin lediglich, dass Kommunalpolitik und Stadtverwaltung darauf „hinwirken allen Essenerinnen und Essenern im Rahmen der kommunalen Möglichkeiten bestmöglich durch die Krise zu helfen.“ An der Stelle fehlt zumindest die Aufforderung an die Grundversorger, keine Energiesperren durchzuführen, wie es der Rat der Stadt Oberhausen am Dienstag auf Antrag der linken Fraktion beschlossen hat. Die Ratsfraktion DIE LINKE hat die Resolution trotzdem unterstützt, weil die Aufforderung zur Hilfe an Bund und Land wichtig ist.

DIE LINKE. im Rat der Stadt Essen hat bereits im August einen Antrag mit Maßnahmen gegen Energiearmut eingebracht mit Vorschlägen, wie die Stadt Essen selber tätig werden kann. So soll u.a., wie auch bereits in anderen Städten, ein Nothilfefonds für Menschen eingerichtet werden, die ihre Gas- bzw. Stromrechnungen nicht mehr bezahlen können. Aktuell haben die Kölner Stadtwerke, die RheinEnergie, einen solchen Fonds eingerichtet. Auf Bitte des Oberbürgermeisters hat die Ratsfraktion DIE LINKE diesen Antrag geschoben, er soll erst noch im Unterausschuss Soziales beraten werden.

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Handlungsempfehlungen für Demokratie und Vielfalt

Die Verwaltung hat dem Rat der Stadt ein präventives Handlungskonzept gegen Rechtsextremismus und Gewalt vorgelegt. Darin geht es um weitere Handlungsempfehlungen zur Eindämmung der rechtsradikalen Mischszene, hauptsächlich in Form der sog. „Steeler Jungs“. Die Empfehlungen sollen aber auch stadtweit Anwendung finden.

Heike Kretschmer begrüßte das für DIE LINKE und bedankte sich bei den demokratischen Kräften im Stadtteil, die mit dazu beitragen haben, dass sich diese Bewegung nicht auch in andere Stadtteile ausgebreitet hat. Deshalb wurde das Bündnis „Mit machen - Steele bleibt bunt“ für den Deutschen Nachbarschaftspreis der nebenan.de Stiftung nominiert. 

Die geplante Verstetigung der Herangehensweise gegen die rechte Mischszene hob Heike besonders hervor, wie auch die geplante Übertragung auf die ganze Stadt und die  strukturelle Beteiligung der Sportvereine. Das ist gerade mit Blick auf den RWE wichtig. Heike machte darauf aufmerksam, dass nicht gleich jede Kritik an RWE oder auch der Polizei als Angriff gewertet werden sollte.

Das erste Handlungskonzept für Demokratie und Vielfalt wurde übrigens auf Initiative der linken Ratsfraktion im Dezember 2019 durch einen gemeinsamen Antrag aller Fraktionen im Rat der Stadt beschlossen. Damals gab es keine rechtsradikalen Fraktionen sondern „nur“ Gruppen.

Mittlerweile leider als Fraktion vertreten, lehnte die AfD die Verwaltungsvorlage ab und gab sich bewusst blind auf dem rechten Auge. So behauptete AfD-Ratsherr Parussel, dass die sog. „Steeler Jungs‘“ keine Bedrohung darstellen würden. Oberbürgermeister Kufen empfahl der AfD daraufhin die Lektüre des Verfassungsschutzberichts. Ob das etwas nützt? Es ist eher davon auszugehen, dass die AfD das bürgerwehrähnliche Vorgehen und die Einschüchterung von Migranten und demokratischen Menschen durch die Rechtsradikalen billigt. Alle anderen Fraktionen und Gruppen stimmten der Verwaltungsvorlage zu. 

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Verwaltung kippt „BürgerRathaus

Die Verwaltung kippt die Pläne zum „BürgerRathaus“. Steigende Zinsen sowie Bau- und Energiekosten lassen den Bau nach jetzigem Stand auf mindestens 230 Mio. Euro schnellen. Damit wird die Schmerzgrenze von 200 Mio. Euro gerissen. Durch die Bündelung städtischer Dienststellen wäre das neue Rathaus bis zu dieser Grenze noch rentabel gewesen. Zins und Tilgung für die Baukosten des Rathauses wären günstiger gewesen als die Mietkosten für die verschiedenen Verwaltungseinheiten. Statt eines Hochhauses soll jetzt ein günstigerer Verwaltungs-Büro-Campus an gleicher Stelle als Anlaufstelle für die Bürgerinnen und Bürger entstehen. Die Verwaltungsvorlage wurde gestern nur eingebracht, im November soll sie entschieden werden.

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Mehr Ausbildungsplätze für Erzieherinnen und Erzieher

Den Antrag von CDU/Grüne für mehr Ausbildungsgänge für Erzieherinnen und Erzieher sowie Kinderpflegerinnen und Kinderpfleger an den Essener Berufskollegs hat die Ratsfraktion DIE LINKE unterstützt. Shoan Vaisi machte darauf aufmerksam, dass Anreize geschaffen werden sollten, damit die Fachkräfte nach der Ausbildung nicht gleich die Stadt Essen verlassen. Denn neben dem ohnehin bestehenden Fachkräftemangel wird sich die Situation angesichts des Rechtsanspruchs auf einen Offenen-Ganztags-Platz ab 2026 noch einmal verschärfen. Auch der weitere Zuzug von Migranten schafft neue Bedarfe. Doch die frühkindliche Bildung ist ein wichtiger Schlüssel, um Kindern Perspektiven und einen Weg aus der Armut zu bieten. Deshalb sollten auch die gezielten Bedarfe für Kitas und den offenen Ganztag nach Stadtteilen ermittelt werden, damit die Kräfte zuerst dahin geschickt werden, wo die wesentlichen Mehrbedarfe bestehen. Der Antrag wurde einstimmig angenommen.

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Öffentliche Toiletten und Schultoiletten in der Diskussion

Die Verwaltung hat einen Sachstandsbericht zur Erstellung eines Konzeptes für öffentliche Toiletten vorgelegt. Dabei geht es darum, stufenweise ein neues Vorgehen zum Aufbau und Betrieb öffentlicher Toiletten zu entwickeln. Dazu gab es im Vorfeld einen Beteiligungsprozess an dem sich 3.657 Personen beteiligt haben. In dem Bericht wird der aktuelle, nicht abschließende Sachstand in den einzelnen Bezirken dargestellt. Theresa Herzog hat für DIE LINKE dargestellt, dass im Bezirk I mit der Innenstadt mehr Toiletten vorhanden bzw. in Planung sind als in den Bezirken vor Ort. Sie machte darauf aufmerksam, dass es Verwaltungsgebäude gibt, die nicht in der Aufzählung der Verwaltung enthalten sind, wie z.B. die Stadtteilbibliotheken. Zumindest diese könnten für die Menschen angeboten werden.

Bei der Diskussion zu dem Sachstandsbericht zur Sanierung der Essener Schultoiletten stellte Shoan fest, dass die Verwaltung ihr eigenes Ziel von 2019 verfehlt hat bis zum Ende dieses Jahres 138 Schultoiletten saniert zu haben. Etwa die Hälfte ist jetzt saniert, es kamen allerdings noch neun Toiletten hinzu. Shoan äußerte Verständnis für die pandemiebedingten Schwierigkeiten der letzten Jahre. Während allerdings für die Verwaltung drei Jahre kein sehr langer Planungszeitraum sind, bedeuten drei Jahre mit schlechten Toiletten für Kinder und Jugendliche eine lange unzumutbare Zeit. Die Sanierung der Schultoiletten muss deshalb mit Nachdruck zu Ende gebracht werden.

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Verbesserung der Lebensqualität der Stadtteile um Freiheit Emscher  

Im Zuge der Entwicklung der ehemaligen Bergbauflächen „Freiheit Emscher“ auf Bottroper und Essener Stadtgebiet soll auch die Lebensqualität der umliegenden Wohnquartiere verbessert werden. Dazu ist für die Bottroper Quartiere Ebel, Welheimer Mark und der Siedlung Knappenstraße sowie für die Essener Stadtteile Vogelheim, Altenessen- Nord und Karnap ein Integriertes Städtebauliches Entwicklungskonzept Freiheit Emscher erstellt worden.

Heike verwies in ihrer Rede darauf, dass es insbesondere darauf ankommt, durch vereinte Anstrengungen die ausgeprägte Arbeitslosigkeit in den betreffenden Stadtteilen zu senken und dazu auch die lokale Ökonomie jenseits der umfangreichen Großgewerbeentwicklung zu stärken. Der Ausbau der sozialen Infrastruktur und die Verbesserung der Gesundheitsversorgung sind ebenso wichtige Aspekte. Heike mahnte auch die Entwicklung der Stadtteilkulturarbeit an und die Aufwertung des Wohnungsbestandes.

In Essen wird oft erst gebaut und sich dann hinterher Gedanken über den Verkehr gemacht. Deshalb machte Heike darauf aufmerksam, wie wichtig neue verkehrliche Lösungen sind und gerade auch eine gute Anbindung des neuen Quartiers an den öffentlichen Nahverkehr. Die Schwierigkeiten bei anderen verkehrlichen Infrastrukturmaßnahmen, wie z.B. dem Radschnellweg, zeigen wie wichtig eine frühzeitige Planung ist.

Die Maßnahmen zu dem Entwicklungskonzept wurden gegen die Stimmen der AfD beschlossen.

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Bebauungsplan Tennisplatz Icktener Straße 

„Viel Verwaltungsaufwand - wenig Ertrag für den Wohnungsbau - massive Eingriffe in eine Grünfläche!“ Das ist das Fazit, das Theresa gestern aus dem neun Jahre dauerndem Planungsverfahren für die Bebauung des ehemaligen Tennisplatzes an der Icktener Straße zog. Viele Jahre hat sich die notorisch unterbesetzte Planungsverwaltung an dem Bebauungsplan abgearbeitet, auch weil eigens dafür diese Fläche als Landschaftsschutzgebiet im Regionalen Flächennutzungsplan entwidmet werden musste. Theresa vermutete, dass diese Arbeitszeit zielführender hätte eingesetzt werden können, z.B. für eine systematische Erfassung und Mobilisierung von leerstehenden Wohnungen und ungenutzten oder untergenutzten Flächen mit Baurecht oder der Baulandsuche für den Bau von Kitas und Schulen. Denn jetzt geht es nur um den möglichen Bau von 25 – 30 Wohnungen unter erschwerten Bedingungen. Es ist fraglich, ob sich überhaupt ein Investor findet.

Gegen die Umwidmung der Fläche als Landschaftsschutzgebiet hat sich aus guten Gründen auch die Untere Landschaftsschutzbehörde ausgesprochen, wie auch die Grünen als sie noch nicht in einer Gestaltungskoalition mit der CDU waren. Denn das Icktener Bachtal ist Teil des neu angelegten Kettwiger Panoramasteigs und aus dem ehemaligen Tennisplatz ist mittlerweile ein Wald geworden. Die Gründe, gegen die Bebauung und Versiegelung des ehemaligen Landschaftsschutzgebietes zu sein, haben mit der Verschärfung des Klimawandels noch zugenommen.

Neben der linken Fraktion stimmten die Gruppen DIE PARTEI und Tierschutz gegen den Bebauungsplan.

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Essener Konsens „Neue Wege zum Wasser“

Große Einigkeit gab es um die Fortsetzung des Beschäftigungsprogramms zur Förderung und Qualifizierung von Langzeitarbeitslosen mit dem die integrierten Arbeitsmarktprojekte "Essener Konsens" und "ESSEN.Neue Wege zum Wasser" fortgeführt werden sollen. DIE LINKE unterstützt die Weiterführung des Beschäftigungsprogramms, zumal es im Vorfeld falsche Zahlen in der Presse über eine angeblich zu geringe Beteiligung an den Maßnahmen gab. Gerade Menschen, die nach langen Jahren der Arbeitslosigkeit Schritt für Schritt wieder an den ersten Arbeitsmarkt herangeführt werden, benötigen diese Unterstützung. Die Vorlage wurde einstimmig verabschiedet.

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Und sonst?

Es gab noch den sinnfreien Antrag der AfD, Beratungsstellen für Personen mit Corona-Impfschäden einzurichten. Ratsherr Martin Schlauch von der SPD machte darauf aufmerksam, dass es mit den Hausärzten bereits rund 400 solcher Beratungsstellen in Essen gibt. Allerdings können nur diejenigen, die beim Impfen aufgeklärt worden sind, wissen an wen sie sich bei Problemen wenden können, stellte Martin Schlauch noch fest. Der Antrag wurde von allen anderen Ratsmitgliedern abgelehnt.