Ratsberichte
Bericht aus der Ratssitzung November 2024
Bürgermeister Riwne: Krieg darf in zivilisierter Welt nicht stattfinden
Vor der Ratssitzung hat der Oberbürgermeister der Essener Solidaritätspartnerstadt Riwne, Viktor Shakyrzian, ein Grußwort gehalten. Er bedankte sich für die Solidarität und die Hilfe der Stadt Essen, die diese und viele Freiwillige leisten. Nach über 1.000 Tagen Krieg sind bereits 473 Soldatinnen und Soldaten aus seiner Stadt gestorben. Viktor Shakyrzian berichtete wie schwierig es ist gerade im Winter das Alltagsleben unter den Bedingungen des russischen Terrorkrieges aufrecht zu erhalten. Ständig fällt der Strom aus und der Schulunterricht muss in Luftschutzbunkern stattfinden. Ein Viertel des städtischen Haushaltes wird für die Verteidigung ausgegeben.
Nach dem Eintrag ins Stahlbuch der Stadt Essen begann die Ratssitzung mit der Haushaltsberatung. Dieses Mal gab es einen Doppelhaushalt, damit im nächsten Jahr die Beratung nicht mit der Konsolidierung des neuen Rates in Konflikt gerät. Die Haushaltslage der Stadt Essen ist mit den jetzt geplanten Überschüssen von nur 2,3 bzw. 2,9 Mio. Euro mehr als angespannt. Bund und Land überfrachten die Kommunen mit immer mehr Aufgaben ohne für eine ausreichende Gegenfinanzierung zu sorgen. Auch bei der Altschuldenregelung werden die Ruhrgebietsstädte im Stich gelassen. Stattdessen legen Bund und Land die Axt an den Sozialbereich und auch die Stadt Essen kürzt bei freiwilligen Leistungen.
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Haushalt 2025/2026: Linke fordert kostenloses Mittagessen
Die Linke hat bei den Beratungen für den städtischen Doppelhaushalt 2025 und 2026 Anträge gestellt, die den Kürzungen entgegenwirken sollen.
So soll die Stadt Essen ein kostenloses Mittagessen für alle Kinder ab dem Schuljahr 2026/2027 an den 13 Grundschulen mit der höchsten Sozialindexstufe einführen und später auf alle Essener Grundschulen ausweiten. Im darauf folgenden Schuljahr soll dieses Angebot auf alle Grundschulen in Essen ausgeweitet werden. Dabei soll darauf geachtet werden, dass das Essen gesund und kindgerecht ist. Die Kinder und Jugendlichen sollen mitreden dürfen.
Um die Umsetzung eines solchen Konzeptes zu ermöglichen, soll eine neue Stelle geschaffen werden. Diese soll ein Konzept für das Mittagessen entwickeln und außerdem dafür sorgen, dass Kinder aus armen Familien leichter Unterstützung durch das Bildungs- und Teilhabepaket bekommen. So soll sichergestellt, werden dass alle Kinder, die Anspruch auf ein kostenloses Mittagessen haben, es auch wirklich bekommen.
Dieser und weitere Anträge der linken Fraktion wurden von Heike Kretschmer in ihrer Haushaltsrede begründet.
- Armutsbekämpfung bei Kinder und Jugendlichen
- Stärkung von Prävention für Gesundheit und Soziales
- Klimaschutz sozial gestalten
- Inklusion fördern, Demokratie stärken
- Strategisches Personalbudget erhalten
- Erhöhung der Gewerbesteuer
Ihren Antrag zur Einführung einer Grundststeuer C hat die linke Fraktion zurück genommen. Die Grundsteuer C ist neu und soll für unbebaute Grundstücke gelten, bei denen die Errichtung von Wohnungen möglich ist. Damit sollen Anreize geschaffen werden, Wohnungen zu bauen und Boden nicht als Spekulationsobjekt zu benutzen. Der Rat der Stadt hat gestern aber einen differenzierten Hebesatz für die Grundsteuer B beschlossen. Damit wird ab 2025 der Hebesatz für Nichtwohngrundstücke (in der Regel Gewerbe) jetzt doppelt so hoch wie der für Wohngrundstücke sein. Eigentümer von unbebauten Grundstücken zahlen durch diese Splittung demnächst sogar das Dreifache wie bisher. Damit hatte sich der linke Antrag erübrigt. Gegen die gesplittete Grundsteuer stimmten, FDP, EBB und AfD. Sie wollten einen einheitlichen Hebesatz, der die Mieterinnen und Mieter wesentlich höher belastet hätte.
Die Gebührenerhöhung für die Straßenreinigung, Winterdienst, Entwässerung und Müllabfuhr hat die linke Fraktion abgelehnt. Die Kostenanteile der Entsorgungsbetriebe Essen (EBE), die zu den höheren Gebühren führen, sind nicht klar und nachvollziehbar dargestellt. Dabei müssten Inhouse-Geschäfte eigentlich besonders transparent sein. Außerdem werden die Gebührenüberschüsse auf mehrere Jahre verteilt und nicht vollständig im Jahr 2025 genutzt, um die Gebühren zu senken. Das wäre jedoch möglich gewesen.
Die von der Verwaltung geplante Einführung einer Beherbergungssteuer unterstützt die linke Fraktion. Sie hatte bereits vor Jahren einen Antrag zur Einführung einer Bettensteuer gestellt.
Die Haltung der linken Fraktion zu den Anträgen der anderen Fraktionen wurde von Heike in ihrer Rede ausführlich begründet. Besonders interessant war dabei, dass CDU und Grüne nun ebenfalls eine Stelle zur Erstellung eines Konzepts für sichere Schulwege beantragt haben. Diesen Antrag hatte die linke Fraktion bereits im vergangenen Jahr eingebracht und war damals von der CDU dafür kritisiert worden, dass eine solche Maßnahme angeblich überflüssig sei. So ist ein Jahr nutzlos verschwendet worden.
Da die Änderungsanträge der linken Fraktion abgelehnt worden sind, hat diese den Haushalt abgelehnt. Er ist sozial unausgewogen und nicht zukunftsorientiert genug.
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Klassengrößen werden heraufgesetzt
In den Schulen des gemeinsamen Lernens werden auch Kinder mit sonderpädagogischen Unterstützungsbedarf unterrichtet. Jetzt soll die dort geltende Begrenzung der Klassengrößen auf maximal 27 Schülerinnen und Schüler wegen akuten Schulplatz- und Personalmangels auf 30 angehoben werden. Das soll für einen befristeten Zeitraum von 5 Jahren gelten.
Shoan äußerte in seiner Rede Verständnis dafür, dass eine schwierige Situation schwierige Maßnahmen erfordert. Denn irgendwo müssen die Schülerinnen und Schüler ja unterrichtet werden. Die Linke ist aber nicht verantwortlich für die schlechte Bildungspolitik von CDU, SPD, Grüne und FDP, die diese in verschiedenen Konstellationen jahrzehntelang gemacht haben. Außerdem kritisierte Shoan, dass zu viel Geld für die Rüstung ausgegeben wird und zu wenig für die Bildung. Deshalb hat sich die linke Fraktion enthalten. Dagegen stimmten die FDP und Die Partei.
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Kein Geld von der Stadt bei Rassismus und Antisemitismus
Mit einer Mitteilungsvorlage hat die Verwaltung darüber informiert, wie sie den Antrag von CDU und Grüne vom 13. März, zur Finanzierung von Institutionen und Trägern im Jugendhilfebereich umgesetzt hat. Demnach werden Gespräche der Stadt mit den Sicherheitsbehörden des Landes geführt. Die Vereine und Verbände sollen sich zur freiheitlich-demokratischen Grundordnung bekennen und jegliche Form von gruppenbezogener Menschenfeindlichkeit, insbesondere Rassismus und Antisemitismus, ablehnen. Bei Nichteinhaltung werden die Gelder gestrichen.
Der ausdrückliche Bezug auf die umstrittene Definition des Antisemitismus nach der International Holocaust Remembrance Alliance (IHRA), wie sie es CDU und Grüne beantragt hatten, ist in der Verwaltungsvorlage nicht enthalten. Die Linke hatte im März diesen einseitigen Bezug kritisiert und einen Änderungsantrag gestellt. Jetzt teilt die Verwaltung mit, dass diese sich an allgemeingültigen Definitionen, jeweils bezogen auf den Einzelfall orientieren wird und nicht nur auf eine spezielle Definition.
Die Verwaltungsvorlage wurde ohne Debatte zur Kenntnis genommen.
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Und sonst?
- CDU und Grüne haben ein Konzept zur Einführung eines städtischen Inklusionspreises beantragt. Dieser soll für besondere Engagements, Projekte oder Initiativen der Essener Stadtgesellschaft verliehen werden und die Umsetzung der UN-Behindertenrechtskonvention stärken. Heike begrüßte für Die Linke den Antrag und macht auf die notwendige Umsetzung der Barrierefreiheit von Kultureinrichtungen aufmerksam, gerade bei den Stadtteilbibliotheken. Der Antrag wurde gegen die Stimmen des EBB verabschiedet.
- Das EBB hat beantragt, dass die Bezirksschülervertretung ab der kommenden Wahlperiode einen Sitz im Schulausschuss bekommen soll. Das ist zwar ein richtiges Anliegen, ist aber ein Vorgriff in die Entscheidungsbefugnis des nächsten Rates. Der Antrag wurde abgelehnt.
- Trotz der über 60 Tagesordnungspunkten war die Ratssitzung bereits kurz vor 20 Uhr beendet. Es gab relativ wenige strittige Themen. Die verschiedenen Ladenöffnungszeiten an Sonntagen hat die linke Fraktion abgelehnt. Die nächste Ratssitzung findet am 18. Dezember 2024 statt.