Haushaltsrede der Ratsfraktion DIE LINKE von Gabriele Giesecke

Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen,

Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister,

 

Haushaltspolitik ist immer mit Entscheidungen verbunden, in welche Richtung sich eine Stadtgesellschaft entwickeln kann und soll. Sie, Herr Oberbürgermeister, haben Ihren vorliegenden Haushaltsentwurf unter das Motto „Schützen und Dienen“ gestellt. Wir haben den Haushaltsentwurf daraufhin geprüft: wer soll hier geschützt und wem gedient werden? Unser Ergebnis: Gerade besonders Schutzbedürftige und Jene, die nicht auf der Sonnenseite des Lebens stehen, werden unzureichend geschützt und ihren Bedürfnissen wird unzureichend „gedient."

 

Bevor ich auf einige Beispiele zurückkomme, zunächst zu den Rahmenbedingungen des Essener Haushaltes. 3,6 Milliarden Euro Gesamtschulden, davon allein 2,2 Milliarden Euro Liquiditätskredite zeigen die weiterhin dramatische Situation auf. Auch wenn die Stadt im Verwaltungshaushalt 2017 einen kleinen Überschuss erwirtschaftet hat und dies auch für 2018 und 2019 zu erwarten ist: Sie vergessen immer wieder, dass man nicht nur die öffentliche Versorgung zusammenstreichen kann, sondern auch eine Erhöhung der städtischen Einnahmen möglich wäre. Mit einer Erhöhung der Gewerbesteuerumlage könnte Essen so rund 32 Millionen Euro mehr einnehmen und seinen „Überschuss“ aus laufender Verwaltungstätigkeit annähernd verdoppeln. Dass kann auch der kleine Mittelständler tragen – und die großen Konzerne wie RWE würden vielleicht endlich mal ein bisschen zum Haushalt beitragen. Bisher rechnen sie sich ja überwiegend „arm“ und zahlen so gut wie nichts an Gewerbesteuerumlage.

Weiterer Punkt: Der überfällige Verkauf der RWE-Aktien, denn dieser Energie-Dinosaurier hat durch die Abspaltung von Innogy das Geschäft mit den zukunftsfähigen Energien mal kurzer Hand ausgelagert. Essen trägt mit den maroden RWE-Aktien jetzt die Risiken der „schmutzigen“ Stromerzeugung mit allen ökologischen Folgen. Auch wenn die Abholzung des Hambacher Forstes zunächst ausgesetzt ist: Der Wald ist noch nicht gerettet. Und wie die Debatte im Rat kürzlich gezeigt hat: Hier im Saal ist außer den Grünen und uns niemand gewillt, wenigstens den Versuch zu starten, RWE in die Schranken zu weisen. Also weg mit RWE-Aktien – eine Wertanlage sind sie in keiner Hinsicht mehr.

Wir möchten eine maßvolle Kulturförderabgabe einführen, sie soll 5 Prozent auf alle privaten Übernachtungen erhoben werden. Die Einnahmen von rund 1,2 Mio. Euro wollen wir freien Kultureinrichtungen zur Verfügung stellen. Fünf Prozent sind dabei sehr maßvoll, Dortmund zum Beispiel erhebt eine Bettensteuer von 7,5 Prozent.

Die zentrale Gefahr – dass hat Herr Grabenkamp als Kämmerer zu Recht festgestellt – besteht in steigenden Zinsen. Und hiermit ist in den nächsten Jahren zu rechnen. Die angepeilte „Grabenkampsche“ Entschuldungsstrategie von 100 Mio. plus X kann so nicht funktionieren, genauso wenig wie uns die „Klieve-Kurve“ davor gerettet hat mit dem Eigenkapital unter die Wasserlinie zu kommen.

Folgerichtig mahnt der Kämmerer denn auch eine Lösung des Altschuldenproblems durch die Landes- bzw. Bundesregierung an. Jeder hier im Ratssaal weiß es: Ohne eine massive Hilfe von Bund und Land ist der Haushalt nicht nachhaltig zu sanieren und damit will ich die Fortschritte der letzten Jahre nicht kleinreden. Aber auch das wissen wir hier alle: Die Fortschritte der letzten Jahre sind mit bitteren Folgen erkauft – wir leben von der Substanz und dies bereitet uns aller Orten massive Probleme, insbesondere beim Fachkräftemangel der Verwaltung.

Gute Schulen für alle – Offener Ganztag für alle – Kitas verbessern

Das wir von der Substanz Leben, zeigt sich sehr deutlich an unseren Schulen. Auch wenn mit Bundes-, Landes- und eignen Mitteln kräftig saniert und gebaut wird, das Hemd ist immer noch dramatisch zu kurz. Es fehlen Schulen, es fehlen Klassenräume, viele Schülerinnen und Schüler werden in den kommenden Jahren in Containern unterrichtet werden müssen.

Gerade den Schülerinnen und Schülern aus den bildungsferneren Schichten wird mit dem Stadthaushalt immer noch zu wenig gedient, sie werden unzureichend davor geschützt, in maroden Klassenräumen lernen zu müssen, auf Schultoiletten zu gehen, die zum Himmel stinken und deren Lehrpersonal ausgepowert ist, die aber immer noch engagiert arbeiten. Lehrpersonal ist Landessache, aber unterstützend kann die Stadt tätig werden. Wir wollen daher als Einstieg die Einrichtung von 35 Stellen für lehrerunterstützendem Personal aus den Bereichen Sozialarbeit, Schulpsychologien und von Menschen, die im Unterricht helfen.

Es ist eine schreiende Ungerechtigkeit, dass die Gymnasien vorrangig mit W-LAN ausgestattet werden – sind Haupt-, Real- und Gesamtschülerinnen weniger wert? Und ob im Unterricht Smartboards eingesetzt werden, darf nicht vom Geldbeutel der Elternschaft abhängig sein. 100 Smartboards, die wir im Haushalt einstellen wollen und nach einem Sozialindex verteilen wollen, können nur ein Anfang sein.

Bildungsstudien belegen immer wieder: In keinem Land der EU hängt der Bildungserfolg so stark vom Elternhaus ab wie bei uns, ist die Spaltung zwischen oben und unter so zementiert. Diesen Kreislauf gilt es zu durchbrechen. Die CDU/FDP-Landesregierung unternimmt mit ihren „Talentschulen“ die falschen Anstrengungen dagegen zuhalten.

Gute Kitas, die ein ausreichendes Ganztagsangebot zur Verfügung stellen, könnten zur Chancengleichheit beitragen. Hier mangelt es aber bereits überhaupt an ausreichenden Kita-Plätzen. Ebenso wie an einem ausreichenden Angebot im Offenen Ganztag bis es endlich gute Schulen mit rhythmisiertem Ganztagsunterricht gibt.

Bildungsarbeit ausbauen – Demokratie stärken

Kommunale Bildungsarbeit wird von vielen Akteuren geleistet, von der Stadtbibliothek und ihren Ablegern in den Stadtteilen über die VHS bis hin zu den Museen, Geschichtskreisen und vielen mehr. Sie alle tragen dazu bei, das demokratische Bewusstsein zu stärken, sie tragen zu einem friedlichen Miteinander bei. Angesichts des Erstarkens von Rechtspopulisten auch in Essen wollen wir gezielt einige Bereiche mehr fördern. Dazu gehört der AK Jugend mit seinen Verbänden, deren Eigenanteil bei Förderungen inzwischen auf 45 Prozent gestiegen ist. Mit den uns beantragten 3,2 Mio. Euro wären sie endlich wieder bei dem vereinbarten Mindesteigenanteil von 10 % und könnten mehr machen. Außerdem wollen wir die Mittel für politische Bildung, insbesondere zu Aufarbeitung der NS-Vergangenheit und für Projekte zur Stärkung der Demokratie von 10.000 auf 50.000 Euro aufstocken – eigentlich immer noch zu wenig. Wer bei der Gedenkfeier zur Reichspogromnacht in der Alten Synagoge die eindrücklichen Schilderungen junger Menschen, die Ausschwitz besucht haben, gehört hat, weiß über den Wert dieser Bildung.

Und es muss endlich Schluss sein, dass die Ausstellung zur Stadtgeschichte mickrige vier Stunden in der Woche frei zugänglich ist. Wir möchten deshalb zwei Stellen des Ordnungsdienstes dorthin verlegen sowie eine Archivarstelle schaffen.

Das friedliche Zusammenleben des bunten Essen findet u.a. im Arche Noah-Projekt einen sinnfälligen Ausdruck. Es ist deshalb wichtig, die weggebrochene Förderung durch die Mercator-Stiftung zu kompensieren, 80.000 Euro für das Projekt sind zu stemmen.

Verkehr nachhaltig entwickeln

Von einem nachhaltigen Verkehr sind wir meilenweit entfernt. Selbst angesichts der riesigen Gerichtsklatsche, Stichwort Dieselfahrverbot, zeichnet sich bei den Autofahrer-Lobbyisten kein Umdenken ab. Die CDU verhindert wirksame Maßnahmen zur Eindämmung des Autoverkehrs und die SPD läuft in Essen immer brav hinterher. Als Lead City haben wir gemessen an unsrer Bevölkerung läppische 20 Mio. Euro erhalten, weil die anderen Städte bessere Konzepte vorgelegt haben. Und die werden nicht mal sinnvoll eingesetzt: Eigene Fahrspuren für Bus und Bahnen zur Beschleunigung des Nahverkehrs – preisgünstig zu haben, verhindert die Betonfraktion der Groko. Fahrradfahrende verlieren die Lust aufs Radeln, wenn Fahrradstreifen an Hauptverkehrsstraßen lebensgefährlich sind oder gar einfach mal im Nichts verlaufen.

Sicher hat die Stadt, hat dieser Rat sich im Grünen Hauptstadtjahr hehre Ziele gesetzt: alle Verkehrsarten sollen einen Anteil von 25 Prozent haben. Und natürlich gibt es Fortschritte – allerdings im Mikrobereich. Der Anteil des Radverkehrs liegt aktuell gerade einmal bei sechs bis sieben Prozent.

Was den Fahrradverkehr angeht, muss er endlich dem Autoverkehr gleichgestellt werden. Für den Ausbau von Fahrradwegen müssen als Einstieg 10 Prozent der Gelder eingestellt werden, die die Stadt für Straßenbau zur Verfügung stellt. Es muss einen Winterdienst für Fahrradwege geben. Die Winterräumung muss Bestandteil des Gebührenhaushaltes für den Winterdienst der EBE auf unseren Straßen werden. Bis dahin übernimmt die Stadt die Kosten von geschätzt 470.000 Euro.

Beim ÖPNV sieht es leider nicht rosig aus. Es ist ja gut, dass beim Nahverkehrsplan wenigstens die Variante B Plus verabschiedet wurde, leider trotzdem nur ein Trippelschritt nach vorn. Ein größerer Schritt vorwärts wäre ein Ausbau der U 11 und U17 – wir wünschen dem Prüfauftrag des Bauausschusses alles Gute.

Bremser gibt es schließlich bei ÖPNV mehr als reichlich, besondere Erwähnung verdient das EBB. Aus Ihren Reihen kommen nicht nur ständig populistische Attacken gegen den öffentlichen Nahverkehr. Ihr Populismus richtet sich auch gegen andere Kulturen, Stichwort Kopftuchverbot in Freibädern. Damit schielt das EBB auf die Wählerinnen und Wähler der AfD, deren Stallgeruch Herrn Backes  immer noch umgibt.

Die Gründung der Ruhrbahn kann nur ein erster Schritt gewesen sein: Das Ruhrgebiet als Ballungsraum muss endlich auch im Nahverkehr enger zusammenwachsen. Wir müssen mehr Geld in die Hand nehmen, um den öffentlichen Nahverkehr auch städteübergreifend auszubauen, um Taktverdichtungen auch in den Abendstunden zu erreichen. Vorschläge zur Umlagefinanzierung sollten in Essen ernsthaft geprüft werden und ein 365 Euro billiges Jahresticket wäre auch für Essen super. Herrn Krüger, jetzt bei der FDP, wissen wir dabei seit kurzem auf unserer Seite. Als Werbemaßnahme schlagen wir die kostenlose Nutzung des ÖPNV am Wochenende von „Essen Original“ vor – und wollen die Gelder dafür zur Verfügung stellen. Der Wirtschaftsplan der Ruhrbahn ist schließlich auf Kante genäht.

Was Essen fehlt, ist ein integriertes Verkehrskonzept, das alle Verkehrsarten berücksichtigt, um ihre unterschiedlichen Maßnahmen zukunftssicher auf einander abzustimmen. Vielleicht könnte die Debatte auf der Grundlage eines zukunftsfähigen Verkehrskonzeptes ja auch einige der Autodinosaurier in die Gedankenwelt des 21. Jahrhundert holen.

Lebenswerte Stadtteile – Wohnen, Grün, Sport

Lebenswerte Stadtteile sind Stadtteile mit einer hohen Lebensqualität und die hängt nicht zuletzt an einem gepflegten Grün, an Spielplätzen für Kinder, an Sportangeboten, an einem regen Vereinsleben. Grün und Gruga ist ebenso wie die Sport- und Bäderbetriebe heillos unterfinanziert. Beide brauchen mehr Geld für ihre wertvolle Arbeit.

Ebenso brauchen die Bezirksvertretungen mehr Mittel, sie sind es doch, die am besten wissen, was vor Ort gebraucht wird, um die Stadtteile nach vorne zu bringen. Wir wollen die BVs aufwerten und ihre Mittel mit zusätzlich 0,50 Euro pro Einwohner aufstocken.

Dieser Sommer hat es drastisch gezeigt: Der Klimawandel ist da. Wie gegensteuern auf kommunaler Ebene, was kann zur Abkühlung der z.T. glutheißen dichtbesiedelten Wohnquartiere beitragen? Und wo sind eigentlich die Hot-Spots? Die Klimaanalyse für Essen aus dem Jahr 2002 ist veraltet, wir brauchen dringend eine neue.

Das Flächenforum Mitte November hat gezeigt: Die Bürgerinnen und Bürger haben ein gutes Gespür für die Realitäten. Wohnungen in Essen werden gebraucht, 16.000 – 18.000 fehlen in den nächsten Jahren. Aber die Wohnung muss bezahlbar sein – kritische Nachfragen beim Bürgerforum zeigen: Die Menschen dieser Stadt sind einen Schritt weiter als der Stadtrat, eine Quote für Sozialwohnungen wurde ebenso gefordert wie der Schutz der Frei-und Grünflächen. Das Format der frühzeitigen Bürgerbeteiligung begrüßen wir ausdrücklich. Die Auswertung wird zeigen, wo Nachsteuerungen nötig sind. Wir wünschen uns eine frühzeitige Bürgerbeteiligung auch bei anderen zentralen Fragen.

Unsere städtische Wohnungsbaugesellschaft Allbau ist nicht die Melkkuh des Kämmerers, sondern soll denjenigen dienen, die bezahlbaren und guten Wohnraum brauchen. Gerade die einkommensschwachen Bevölkerungsschichten haben es immer schwerer eine bezahlbare Wohnung zu bekommen. Wir wollen der Allbau 10 Mio. Euro mehr in diesem Jahr belassen, weil sie nach ihrer Auskunft in der Lage ist, mit diesem Betrag tatsächlich in 2019 beginnend neue Sozialwohnungen zu bauen.

Der enge Wohnungsmarkt verschärft verschiedene Probleme: Skrupellose Vermieter verdienen sich mit „Schrottimmobilien“ eine goldene Nase, Investoren setzen auf hochwertigen Wohnraum und verdrängen so die einkommensschwache eingesessene Bevölkerung, Wohnraum wird zweckentfremdet, mit der Folge, dass die soziale Mischung in den Stadtteil ins Rutschen gerät. Mit Milieuschutzsatzungen kann die Stadt hier gegensteuern, mit einem „Schrottimmobilienkataster“ wird die Trockenlegung des Sumpfs skrupelloser Vermieter erleichtert werden. Beides dient den Menschen am unteren Rand der Gesellschaft.

Sozialer Arbeitsmarkt

Der Strukturwandel in Essen ist nicht wirklich gelungen, abzulesen z.B. an einer Steuerquote von 30 Prozent, im NRW-Durchschnitt sind es 40 Prozent. In der Folge gibt es in Essen eine verfestigte Langzeitarbeitslosigkeit, viel mehr Menschen als anderswo haben ohne sozialen Arbeitsmarkt keine Chancen. Es ist erfreulich, dass hier endlich auf Bundes- und Landesebene einiges in Bewegung geraten ist – bei aller Kritik im Detail der Programme.

Damit aber insbesondere unsere städtischen Töchter – allen voran die EABG und die Jugendberufshilfe – die Programme auch stemmen können, brauchen sie unsere finanzielle Unterstützung als Ergänzung. Wir wollen deshalb 300.000 Euro bereitstellen, z.B. für Sachmittel und ergänzende Personalkosten.

Gute Verwaltung braucht gutes und ausreichendes Personal

Die Beschäftigten der Kernverwaltung machen einen guten Job, dafür unser herzlicher Dank. Aber: Durch den Stellenabbau der letzten Jahre – Stichwort 1.000 Stellenbeschluss der Vierer-Koalition aus CDU, Grünen, FDP und EBB – reicht das Personal schon lange nicht mehr. Wir wollen deshalb mehr Personal einsetzen. Nicht nur die Bau- und Planungsverwaltung kann ihre Pflichtaufgaben nur unzureichend erfüllen. Gutes Personal ist allerdings schwer zu bekommen, – Herr Kromberg als Personaldezernent kann ein Lied davon singen – gute Arbeitsbedingungen sind da ein Wettbewerbsvorteil. Wir möchten, dass der Rat heute das Versprechen von Ihnen, Herr Oberbürgermeister, mit der unsäglichen Praxis der sachgrundlosen Befristungen aufzuräumen, per Beschluss unterstützt. Sowohl für die Kernverwaltung wie auch für die städtischen Töchter.

Zuwanderung macht Essen zukunftsfähig – Chancen ergreifen

Die Zuwanderung ist eine große Chance für Essen. Schon geschichtlich betrachtet ist das Ruhrgebiet, ist Essen nur durch Zuwanderung groß geworden. Zuwanderung bringt Veränderung und nur durch Veränderung entsteht Neues, entsteht Wachstum. Es gibt ein chinesisches Sprichwort, dass die Sache auf den Punkt bringt: „Wenn der Wind der Veränderung weht, bauen die einen Mauern und die anderen Windmühlen“. Wir in Essen sollten Windmühlen bauen. Mauern führen zu Rückschritt und Verkrustung, wie die Chinesische Mauer zeigt und eine abgetragene Mauer, die einmal durch unser Land ging.

Migration findet statt und hat zu allen Zeiten stattgefunden. Der Migrationspakt der UN ist ein Schritt in die richtige Richtung, wenn seine Ziele eingehalten würden – er ist rechtlich nicht bindend – würde sich vieles für Migranten verbessern. Er lässt aber aus linker Sicht noch viele Wünsche offen. Auf keinen Fall darf er zu einer Aushöhlung des deutschen Rechtes auf Asyl führen. Herr Merz von der CDU zündelt in den letzten Tagen mal wieder am Grundkonsens des Grundgesetzes.

Und natürlich ist der Bau von „Windmühlen“ mit Anstrengungen und Veränderungen verbunden, uns fällt nichts in den Schoß. Es ist sehr gut, dass die Integrationspauschale des Bundes jetzt vollständig vom Land weitergeleitet wird. Das erweitert die Handlungsspielräume vor Ort. Die Integrationskonferenzen in den Stadtbezirken sind ein gutes Mittel, um die Integration voranzubringen. Viele engagieren sich weiter ehrenamtlich.

Alles was wir zur Integration unternehmen, verbessert auch die Lebensverhältnisse der Menschen insgesamt. Ob es die Förderung von Kindern mit Zuwanderungsgeschichte ist, ob es die Verbesserung der Wohnsituation ist oder die Integration in den Arbeitsmarkt.

Dagegen führen rechtspopulistische Hetze und Diskriminierung zu Konflikten und sozialen Verwerfungen, die eine Abwärtsspirale in Gang setzt. Ein plastisches Beispiel, welche Folgen eine jahrzehntelange Desintegration hat, ist die große Gruppe der bei uns lebenden Menschen aus dem Libanon. Ja, viele von ihnen haben keine gute Schulausbildung, keine guten Berufsabschlüsse, manche mögen auch kriminell sein. Aber sie jetzt pauschal als „kriminelle Familienclans“ unter Generalverdacht zu stellen, einen Ratskollegen, der libanesische Wurzeln hat, öffentlich zu diskreditieren und an den Pranger zu stellen, stört nachhaltig das friedliche Zusammenleben in Essen und ist Wasser auf die Mühlen von AfD und Co. Die guten Ansätze der Hilfen zur Integration, die in den letzten Jahren unternommen wurden, müssen unbedingt ausgebaut und verstärkt werden. Einer Zerlegung durch Rechtsaußen werden wir entgegentreten.

Liebe Ratskolleginnen und Kollegen, sehr geehrter Herr Oberbürgermeister,

mit unseren Ausführungen wollen wir deutlich machen: „Schützen und dienen“ ist sehr wohl ein Motto, das wir tragen können. Allerdings müssen Veränderungen am Haushaltsentwurf vorgenommen werden, die diejenigen in den Mittelpunkt stellt, die Schutz- und Dienstleistungen besonders brauchen. Bitte folgen Sie deshalb unseren Anträgen und lassen Sie uns die Lebensverhältnisse in Essen für alle verbessern.