Schulentwicklungsplanung Offener Ganztag
Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister, liebe Zuhörende und liebe Mitarbeitende im Ganztagsbereich und an den Schulen,
es ist erfreulich, dass das wichtige Thema OGS jetzt als eigener Band in der Schulentwicklungsplanung vorliegt. Denn bis zur Erfüllung des dringend benötigten Rechtsanspruches bleiben nur noch vier Jahre. Wenig Zeit, um in unserer Stadt einen qualitativ hochwertigen Ganztag an allen Schulen aufzubauen, der den Bedürfnissen der Kinder und Erziehungsberechtigten entspricht.
Die Ausarbeitung der Verwaltung zeigt sehr konkret auf, in welchen Bezirken und an welchen Schulen noch Handlungsbedarf zur Realisierung des Rechtsanspruchs besteht. Die Ergebnissen der „Denkwerkstatt Ganztägiges Lernen“, wo auch die für uns wichtige Fragen einer stärkeren Rhythmisierung und Teilhabe sowie die multiprofessionellen Teams thematisiert wurden, stellen zusammen mit den Handlungsempfehlungen einen guten Leitfaden für eine bessere Bildungspolitik in unserer Stadt dar. Dafür möchten wir uns als Linke bei allen Beteiligten bedanken!
Vor allem auch, weil die schwarz-grüne Landesregierung in NRW die vielen bekannten Fragen für einen guten Ganztagsausbau und den dafür notwendigen Finanzbedarf nicht geregelt hat. Das heißt aber auch, dass wir in den kommenden Jahren als Kommune das nötige Geld zur Verfügung stellen müssen, um diese Empfehlungen umsetzen zu können.
Mit Blick auf die großen Unterschiede zwischen den Bezirken, bei dem wieder ein Nord-Süd-Gefälle zu beobachten ist, finden wir die Tatsache nicht hinnehmbar, dass der Großteil der über 1400 Kinder auf Wartelisten aus den Bezirken I, III, V und VII kommt – also vor allem aus den Bezirken, wo es ohnehin Schwierigkeiten und Handlungsbedarfe gibt.
Noch gravierender sieht es beim Stand der Betreuungsquoten aus, die im nördlichen Bezirk V den niedrigsten Stand von unter 47 Prozent erreicht. Dort fehlen also fast doppelt so viele Plätze wie in den Bezirken VIII und IX im Süden. Da jetzt bei der Priorisierung der Maßnahmen die Schulen mit den geringsten Betreuungsquoten und dem höchsten Sozialindex zuerst bedacht werden, bekommen auch die genannten Bezirke endlich die Aufmerksamkeit und die Ressourcen, die sie benötigen. Das ist gut und dringend nötig.
Wir erwarten, dass diese Bezirke zusammen mit dem Stadtplanungsamt verstärkt in den Blick genommen werden, um eine richtige Aufholjagd zu starten. Denn wer sich Bildungsgerechtigkeit auf die Fahnen schreibt und Essen als Großstadt für Kinder leben will, muss diesen Fehlentwicklungen auch im gemeinsamen Verwaltungshandeln begegnen.
Im Rat sollte daher eine Darstellung erfolgen, wie diese Aufholjagd ganzheitlich gewonnen werden kann, um Chancengleichheit für alle Kinder herzustellen. Spätestens mit einer möglichen Korrekturliste zum Haushalt 2026 sollten Möglichkeiten aufgezeigt und finanziell unterlegt werden, wie die bisherigen Versäumnisse effektiv angegangen werden können.
Als Linke verbinden wir damit, dass im Interesse der Zukunft der Kinder und der an den Schulen und im Ganztag Arbeitenden auch eine Prüfung zur Höhergruppierung im Sozial- und Erziehungsdienst erfolgt und die Einrichtung von Ergänzungsstellen. Was die Arbeit und die Ausbildung betrifft, finden wir es erfreulich, dass die Stadt mehr und mehr selbst ausbildet. Wir denken, dass das besonders wichtig ist, um qualitative Standards zu gewährleisten. Deshalb muss immer wieder geschaut werden, inwieweit sich die geplanten Ausbildungszahlen mit dem Anstieg der Gruppen im Offenen Ganztag decken und ob da nicht noch eine Schüppe draufgelegt werden muss.
Zum qualitativen Ausbau gehört auch die Erweiterung der Ferienangebote. Dazu sollten die Bedarfe und die Gründe der Nutzung bzw. Nichtnutzung sowie die Möglichkeiten zur Einbindung bestehender Angebote zur Ferienbetreuung wie bspw. dem Ferienspatz ermittelt werden.
Da laut Bildungsbericht Ruhr auch die Höhe der erhobenen Elternbeiträge eine Auswirkung auf die Nutzung haben, fordern wir, dass die Ferienbetreuung kostenfrei angeboten wird. Denn auch das ist ein wichtiger Schritt hin zu mehr Bildungsgerechtigkeit.
Kinder- und Jugendparlamente sind gerade in Zeiten, in denen das Vertrauen in die Demokratie schwindet, ein gutes Mittel, um Demokratie praktisch erleben zu können. Dass diese nur mit einem Stichwort in der aktuellen Schulentwicklungsplanung auftauchen, ist uns allerdings zu wenig. Wir erwarten daher eine ausführlichere Darstellung sowie eine schrittweise Entwicklung, damit solche Formate an allen Schulen etabliert werden können.
Bei der qualitativen Entwicklung des Ganztages ist für uns die Ausgestaltung der kulturellen Bildung ein zentrales Thema. Dazu gehört neben den aufgeführten Ansätzen auch das Thema „Leseförderung“. Auf Nachfrage im Schulausschuss wurde uns mitgeteilt, dass das Lesen im Nachmittagsbereich mitgedacht wird. Das ist erst einmal erfreulich. Doch jedes dritte Kind erreicht in Essen beim Lesen nicht das erforderte Mindestmaß, das für ein weiteren erfolgreichen Lernen notwendig ist. Unser im Februar nicht mehr behandelter Antrag zu Schulbibliotheken und Leseräumen stellt einen guten Ansatz dar, um dem zu begegnen.
Als Linke werden wir den kommenden Ausbau genau beobachten. Denn beim Rechtsanspruch auf einen OGS-Platz für jedes Grundschulkind darf es in den nächsten Jahren nicht zu einem Rückstand wie beim Ausbau der Kitaplätze kommen, den Essen erst jetzt, also 13 Jahre nach Einführung des Rechtsanspruchs auf einen Kitaplatz gewährleisten kann.
Vielen Dank fürs Zuhören!