Verortung von zusätzlich zu schaffenden Personalressourcen im Bereich Schulsozialarbeit

Fast genau vor einem Jahr haben wir uns im Rat über unsere unterschiedlichen Positionen zur Notwendigkeit der Stärkung der Schulsozialarbeit, der Schaffung von multiprofessionellen Teams sowie deren Wert zur Unterstützung der Arbeit der Lehrkräfte, der Familien und der Entwicklung von Kinder und Jugendlichen ausgetauscht.

Aus unserer Sicht ist dies eine wichtige Stellschraube für die Schaffung von besseren Bildungschancen, gerechteren Lebensperspektiven für Kindern und Jugendlichen an den Schulen unserer Stadt.

Wie wichtig und dringend dieser Austausch ist, kommt nicht zuletzt dadurch zum Ausdruck, dass erst in der letzten Woche die hohe Kinderarmut im Ruhrgebiet wieder einmal negative Schlagzeilen gemacht hat. Erneut hat man dabei auf den hohen Stellenwert von Bildung zur Bekämpfung von Armut hingewiesen.

Das ist alles nichts Neues, ebenso wie der seit Jahren bestehende Hilferuf aus der hiesigen Lehrerschaft sie bei ihrer schwierigen Arbeit durch den Einsatz von mehr Sozialarbeiterinnen und multiprofessionellen Teams zu unterstützen. Ein Hilferuf, der bisher aber noch nicht wirklich erhört wurde. Worte allein schaffen keine neuen Stellen. Denn passiert ist seitdem: fast nichts.

Bedarfe aber bestehen jetzt und sollten systematisch Stück für Stück auch gedeckt werden können und das nicht mit dem Gießkannenprinzip quer über die Stadt verteilt, sondern nach dem Prinzip Ungleiches ungleich zu behandeln.

Die uns vorliegenden Schulentwicklungspläne liefern bereits jetzt zu den von der Verwaltung dargestellten Kriterien der Verteilung der Kräfte einzelne Zahlen und Fakten. Aber um wirklich schnell Hilfe leisten zu können, müsste es mit Blick auf die bevorstehenden Debatten um den Doppelhaushalt 2023/24 jetzt darum gehen, schnell zu ermitteln, welche weiteren personellen und inhaltlichen Bedarfe sich im konkreten abzeichnen, insbesondere an den Schulen mit hohem Sozialindex.

Wir als Linke haben zu den Haushaltsberatungen immer wieder die Einrichtung solcher Stellen beantragt, zuletzt die Schaffung von 20 Planstellen für Schulsozialarbeit und 35 Planstellen für die Entwicklung von multiprofessionellen Teams. In der Debatte vor einem Jahr haben wir diese Forderung nochmal mit einem Antrag untersetzt. Obwohl CDU und Grüne das in ihrer Kooperationsvereinbarung ebenfalls fordern, haben sie unseren Antrag nicht zugestimmt, sondern stattdessen das Glas wieder nur halb vollgemacht, indem sie bei der Schulsozialarbeit stehen geblieben sind. Damit hat die Verwaltung wieder nur einen Ausschnitt betrachten können und die Gesamtbedarfe erneut nicht in den Blick genommen, denn Schulsozialarbeit ist als Unterstützungsform längst nicht alles.

Hätte man den genannten Vorschlägen zugestimmt, lägen wir hier bereits über der Stellenanzahl von Dortmund mit 160 Stellen, aber immer noch unter der Zahl der Stellen in Düsseldorf mit 196 Stellen.

Mit der Vorlage der Verwaltung wird das Glas „Schulsozialarbeit“ und „lehrerunterstützendes Personal“ vorerst nur minimal weiter gefüllt. Dabei ist die Vorgehensweise, schul- und schulformübergreifende Unterstützungsangebote entwickeln und ausbauen zu wollen und dafür den Facharbeitskreis für die Schnittstelle Jugendhilfe und Schule zu bilden, sinnvoll.

Die bezirkliche Orientierung begrüßen wir. Auch die Tandemlösung ist ein guter Vorschlag, um erst einmal Ansprechpartner*innen in jedem Bezirk zu schaffen, aber von der zeitnahen Einrichtung neuer w e i t e r e r Stellen ist keine Rede.

Das wird den Bedarfen nicht gerecht, die auch insbesondere an den Schulen bestehen, an denen viele Schülerinnen und Schüler unterrichtet werden, die in Bedarfsgemeinschaften mit Bezug von existenzsichernden Leistungen leben.

Manche Schulen, wie bspw. die Helene-Lange-Realschule, das Gymnasium Nord-Ost, die Erich-Kästner-Gesamtschule, aber vor allem auch alle Hauptschulen stehen vor besonders großen Herausforderungen. Sie sollten daher priorisiert behandelt werden. Ebenso besorgniserregend ist das Nord-Süd-Gefälle unserer Stadt, das sich auch bei den Schulübergängen zeigt: so wechseln in Bezirk VIII und IX 70 und 85% der Kinder auf ein Gymnasium, wohingegen es in allen anderen Bezirken zwischen 30 und 40% sind. Auch dies kann einen geeigneten Faktor zur Differenzierung darstellen.

Das ist schade, nicht zuletzt, weil die Schulen durch die erwarteten neuen ukrainischen Schülerinnen und Schüler wieder einmal vor neue große Herausforderungen gestellt werden.

Selbst der neue Ansatz der Tandemlösung auf Bezirksebene bringt eine Ungleichbehandlung der Schulen mit sich. Unsere neun Bezirke unterscheiden sich schon allein in der Zahl der zu unterrichtenden Kinder und Jugendlichen, aber auch bei deren Zusammensetzung und den benötigten Förderbedarfen.

So wird das Tandem-Team im Bezirk III mit zwölf Grundschulen und 3.207 Schülerinnen und Schülern in den Jahrgängen 1 bis 4 (Stand Schuljahr 2020/21) zu tun haben, während im Bezirk VIII bloß sieben Grundschulen betreut werden müssen, die im Schuljahr 2020/21 1.682 Schülerinnen und Schülern - also etwa die Hälfte - betreuen.

Schon an Hand dieser Zahlen wird deutlich, dass auch die Zahl der Kinder und Jugendlichen insgesamt als Kriterium neu einbezogen werden sollte, um hier mehr Gerechtigkeit einziehen zu lassen.

Auch wir wissen um die neuen Herausforderungen, die auf den städtischen Haushalt zukommen werden, die zum heutigen Zeitpunkt nicht abschätzbar sein werden.

Diese genaue Analyse und Benennung der Bedarfe ist auch notwendig, um der bald bestehenden neuen Landesregierung aufzeigen zu können, wie hoch der Unterstützungsbedarf tatsächlich ist. Nur über die Bereitstellung von Mitteln, die in das Regelsystem fließen, kann man die notwendigen Effekte erzielen. 

Es kann aber nicht nur um ein Konzept zur Verteilung von Stellen gehen, die das Land bezahlt, sondern es muss auch um Stellen gehen, die die Stadt zeitnah finanziert. Deshalb gilt es verstärkt zusammen darüber nachzudenken, wie man gezielter Fördermittelprogramme der EU und des Bundes nutzen kann.

Wie wir alle durch immer mehr Rückmeldungen aus den Schulen, den Gewerkschaften, von Ärzten, Psychologinnen usw. wissen, sind die Bedarfe an unterstützenden Leistungen durch Corona nicht nur im Umfang gestiegen, sondern auch die Inhalte, also die Palette der Förderbedarfe.

Wir halten es deshalb für dringend erforderlich und wünschenswert, auch wenn Ostern und nicht Weihnachten vor der Tür steht, dass in dem angekündigten Band zur Schulsozialarbeit dem nachgegangen wird.

Neben den genannten Bewertungskriterien sollten auch die vorhandenen Daten  zum Gesundheitszustand der Kinder und Jugendlichen, Schulabschlüsse, Sprachförderbedarfe, die Ausstattung der Schulen mit Lehrer*innen und die Klassenstärken in die Betrachtung der Bedarfe in den Bezirken mit einfließen. 

Dann ergäben sich gewiss auch konkretere Hinweise auf den notwendigen Einsatz von multiprofessionellen Teams und nichts ist schlimmer als in Zeiten von Personal- und Finanzmittelknappheit manche Überlegungen doppelt machen zu müssen, denn schließlich, liebe Kolleginnen und Kollegen von CDU und Grünen, wollen sie am Ende ihrer Koalition ja auch viele multiprofessionelle Teams in den Schulen unserer Stadt sehen.