Gemeinsam gegen Rechtsextremismus

Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister, werte Damen und Herren hier vor Ort und Zuhause im Stream,

der Rechtsextremismus bleibt „unverändert die größte extremistische Bedrohung für unser demokratisches Gemeinwesen“. Das stellt der Verfassungsschutzbericht 2022 fest. Deshalb lehnen wir auch die Änderungsanträge von AfD, EBB und DIE PARTEI ab.

Denn sie haben das Thema verfehlt. Heute geht es um die Umsetzung des NRW-Landesprogramms „NRWeltoffen“ und darum, in diesem Rahmen ein präventives Handlungskonzept gegen Rechtsextremismus und Rassismus zu entwickeln. Zudem verharmlosen und relativieren die Anträge den Rechtsextremismus, indem alles gleichgesetzt wird, was nicht gleich ist.

Wir sind nicht blind gegen andere Gefahren. Deshalb haben wir als Linke die islamistische Demonstration von Anfang November auch klar verurteilt. Doch die größte Gefahr für die Demokratie ist immer noch der Rechtsextremismus in diesem Land. Deshalb ist es gut, dass wir heute das Handlungskonzept „Gemeinsam gegen Rechtsextremismus und Rassismus“ für die Stadt Essen auf den Weg bringen, um weitere Maßnahmen dagegen umsetzen zu können.

Wir möchten uns bei der Verwaltung und allen Mitwirkenden aus der Zivilgesellschaft dafür bedanken. Zusammen haben sie ein Konzept vorgelegt, das zeigt, wie wichtig es ist, die Breite der Gesellschaft in die Auseinandersetzung gegen Rechtsextremismus und Rassismus einzubinden. Im Programm werden klare Ziele definiert und auch mit welchen Maßnahmen sie erreicht werden sollen. Mit der heute zu beschließenden zweijährigen Berichterstattung werden wir feststellen können, was wir erreicht haben. Auch in Hinblick auf die Diskussion im Integrationsrat halten wir es für wichtig, dass im Zuge der Umsetzung eine breitere Beteiligung von Migrantenvereinen zustande kommt.

Wir freuen uns auch über dieses Konzept, da es unter anderem auf einen von uns initiierten gemeinsamen Antrag aller demokratischen Fraktionen aus dem Dezember 2019 zurückgeht, mit dem die Erstellung eines Handlungskonzeptes für Demokratie und Vielfalt beschlossen wurde. Die Idee kam zustande, weil damals die sog. „Steeler Jungs“ massiv die öffentliche Ordnung gestört haben. Heute ist es ein wenig ruhiger um sie geworden, aber täuschen wir uns nicht: Das neonazistische Netzwerk betreibt nach wie vor sein Unwesen. Das wird ja auch im Konzept ausführlich beschrieben.

Daher ist es wichtig, die unterschiedlichen Aktivitäten gegen Rechtsextremismus und Rassismus besser miteinander zu verzahnen. Gerade auch vor dem schändlichen Anstieg des Antisemitismus ist das eine bleibende Aufgabe, weshalb das vorliegende Konzept heute notwendiger ist denn je. Das wissen auch fast alle hier im Rat.

Der Ratsbeschluss vom letzten Jahr zur Beteiligung an dem Programm wurde nur von der AfD abgelehnt, weil sie keine Bedrohung durch die „Steeler Jungs“ gesehen haben will. Damit stellte sie einen Freibrief für bürgerwehrähnliches Vorgehen aus und für die Einschüchterung von Migranten und demokratischen Menschen durch Rechtsradikale.

Hier liegt auch einer der Hauptgründe, warum der Rechtsextremismus die größte Gefahr für das friedliche Zusammenleben der Menschen ist: Weil der faschistische Mob einen parlamentarischen Arm hat, der die Demokratie von innen heraus zersetzen will und dort seine völkische, menschenverachtende Ideologie verbreitet. Ganz im Sinne des Faschisten Bernd Höcke wirkt auch die AfD hier im Rat. Es gilt, Schritt für Schritt die Grenzen des Sagbaren und damit auch des Machbaren auszuweiten, was in Teilen ja leider schon gelungen ist.

So hat der Fraktionsvorsitzende der AfD, Herr Parussel, migrantische Menschen, die sich an den damaligen Auseinandersetzungen beteiligt haben, im Juni als „Gesindel“ bezeichnet. Laut Duden sind mit „Gesindel“ Menschen gemeint, die „als minderwertig betrachtet und daher verachtet“ werden. Wer so redet ist gedanklich vom „Untermenschen“ nicht weit entfernt. Das ist Naziterminologie! Die Auseinandersetzungen haben auch wir selbstverständlich aufs Schärfste kritisiert, aber wer es wie die AfD macht und manchen Menschen ihren Wert abspricht, stellt sich insgesamt gegen das Menschenrecht.

In der letzten Ratssitzung hat Herr Weiss behauptet, dass Essener Stadtteile in „islamische und afrikanische Siedlungsgebiete“ umgewandelt würden. Das ist der Rückgriff auf die Verschwörungstheorie der neofaschistischen Identitären Bewegung vom großen Austausch. Demnach gibt es einen durch „die Eliten“ geplanten Austausch der Bevölkerung durch Flüchtende. Führende Theoretiker der Identitären wie Martin Sellner aus Österreich propagieren dabei auch Gewalt gegen „die Austauscher“ und Geflüchtete. Mit Worten werden Taten vorbereitet.

Dies führt zu Gewalt, die in Deutschland dazu geführt hat, dass in den letzten 20 Jahren mindestens 187 Menschen durch Rechtsradikale ermordert wurden.

Liebe Kolleginnen und Kollegen,

wer über Rechtsextremis und Rassismus spricht, darf auch über deren Ursachen nicht schweigen. Denn wer sich die Geschichte anschaut, wird sehen, dass Armut und soziale Unsicherheiten ein Nährboden für Rechtsextrsmismus und Rassismus sind. Auch die vergangen Jahrzehnte waren in Deutschland und hier in Essen vom sozialen Abbau einstiger Standards sowie des Zusammenhalts geprägt. Diese Politik hat Spuren hinterlassen, die wir nicht ignorieren können. Statt dass wir selber mit einfachen Parolen komplexe gesellschaftliche Probleme auf Sündenböcke abschieben, sollten wir die soziale Frage endlich konsequent angehen. Wer das Erstarken der radikalen Rechten verhindern will, muss Geld für die Gesellschaft und nicht für Waffen bereitstellen, so wie es die Bundesregierung tut!

Vielen Dank für die Aufmerksamkeit!

REDEMANUSKRIPT