Anträge

Aufnahme besonders schutzbedürftiger Flüchtlinge aus Griechenland

​​​​​​​die Fraktionen der Grünen und Linken beantragen, der Rat der Stadt Essen beschließt:

Die Stadt Essen erklärt sich angesichts der katastrophalen humanitären Lage in den griechischen Flüchtlings-Camps bereit, vornehmlich unbegleitete minderjährige Schutzbedürftige und weitere schutzbedürftige Personengruppen in Essen aufzunehmen.

Die Stadt Essen erklärt sich bereit, diese Geflüchteten ohne Anrechnung auf die Aufnahmequote aufzunehmen.

 

Begründung:
Die Situation in den griechischen Auffanglagern ist katastrophal. Unbegleitete minderjährige Geflüchtete und besonders schutzbedürftige Menschen erhalten dort nicht die Betreuung und Unterstützung, die sie dringend benötigen. Die Situation in den hoffnungslos überfüllten Auffanglagern auf der Insel Lesbos ver- schlechtert sich von Woche zu Woche. Es ist den Menschen in den Lagern nicht möglich, auch nur die einfachsten Hygienestandards einzuhalten, um sich gegen das Covid-19 Virus zu schützen. Im Lager Moria auf Lesbos müssen sich bis zu 500 Menschen eine Dusche teilen. Zusätzlich hat sich die dramati- sche Situation durch den Abzug von Hilfsorganisationen verschärft.

Es ist daher dringend geboten, dass viele Kommunen ihre Aufnahmebereitschaft gerade für besonders schutzbedürftige Personengruppen an Land und Bund übermitteln, um auf diesem konkreten Angebot basierend Gespräche zu führen und zeitnah Lösungen zu erreichen.

Für immer mehr Städte und Gemeinden, Kirchen und Akteure der Zivilgesellschaft wie etwa der „Seebrü- cke“ sind die katastrophalen Zustände auf den griechischen Inseln und das Scheitern der europäischen Politik Anlass, selbst Verantwortung zu übernehmen. 16 Kommunen in NRW, die Teil des Bündnisses „Sichere Häfen“ sind (darunter Bielefeld, Bochum, Dortmund, Düsseldorf und Köln), erklären sich im Rahmen der „Bielefelder Erklärung“ vom 15.1.2020 bereit, über den Königsteiner Schlüssel hinaus Kinder

und weitere schutzbedürftige Geflüchtete aus den griechischen Lagern bei sich aufzunehmen. Ziel dieser Initiative ist es, Bund und Land gesammelt Aufnahmekontingente anzubieten. Diese Initiative soll – wie bereits die zur Aufnahme aus Seenot Geretteter – bundesweit ausgedehnt werden.

Am 8. März 2020 hat der Koalitionsausschuss von CDU, CSU und SPD auf Bundesebene beschlossen, in einer europäischen "Koalition der Willigen" Kinder aus griechischen Flüchtlingslagern nach Deutschland zu holen. Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU) erklärte gegenüber der Süddeutschen Zeitung (9.3.2020), vor allem kranke und allein reisende Kinder müssten nun aus desolaten griechischen Camps geholt werden, die jüngeren zusammen mit Angehörigen. Nennenswerte Taten sind dem bisher nicht gefolgt. Auch der Ankündigung von NRW-Innenminister Stamp im April 2020, NRW stünde für die Aufnahme „mehrerer hundert“ Menschen bereit, ist im Sande verlaufen.

Nach Angaben der EU-Kommission sind etwa 5.500 der Migrantinnen und Migranten auf den griechischen Inseln unbegleitete Minderjährige, davon jeder zehnte unter 14 Jahren. Derzeit haben sich sieben EU- Mitgliedstaaten (Deutschland, Frankreich, Finnland, Portugal, Luxemburg, Irland und Kroatien) bereit er- klärt, insgesamt 1600 unbegleitete minderjährige Migranten aufzunehmen. Die EU-Initiative ist fast völlig zum Erliegen gekommen. Die Aufnahme von 55 Kindern im Rahmen dieser EU-Initiative im April 2020 ist angesichts von rd. 41.000 Menschen in griechischen Lagern lächerlich gering.