Erfassung der Mietentwicklung

Der Gutachterausschuss für Grundstückswerte hat eine Anhebung des Mietspiegels ab dem 1. August um fast sechs Prozent beschlossen. Als Grundlage dafür hat er die Fortschreibung der Entwicklung der Lebenshaltungskosten herangezogen. Diese lagen nach Aussage von Mietervertreter*innen jedoch eher über der tatsächlichen Mietentwicklung, so dass der Preisschub höher ist, als er vermutlich auf Grundlage einer Erhebung der tatsächlichen Entwicklung der Nettokaltmieten ausgefallen wäre.

Vor diesem Hintergrund bittet die Ratsfraktion DIE LINKE um die Beantwortung der folgenden Fragen:

1. Warum wurde das genannte Verfahren angewendet und wer hat das entschieden?

Bei dem Essener Mietspiegel 2020 handelt es sich um einen qualifizierten Mietspie­gel im Sinne des§ 558d Abs. 1 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB). Das BGB schreibt vor, dass ein qualifizierter Mietspiegel im Abstand von zwei Jahren der Marktent­wicklung anzupassen ist, um weiter als qualifizierter Mietspiegel zu gelten. Der An­passung kann entweder die Entwicklung des vom Statistischen Bundesamt ermit­telten Preisindexes für die Lebenshaltung aller privaten Haushalte in Deutschland (Verbrauchsindex für Deutschland) oder eine Stichprobe zugrunde gelegt werden. Das Gesetz lässt beide Möglichkeiten der Fortschreibung gleichberechtigt nebenei­nander zu. Bei der Fortschreibung mittels Index darf ausschließlich der Verbrau­cherpreisindex verwendet werden.
Der Essener Arbeitskreis Mietspiegel hat sich bereits im November 2021 einstimmig für eine indexbasierte Fortschreibung des Essener Mietspiegels 2020 entschieden. Diese vom Gesetzgeber eröffnete Methode wurde bereits bei der Fortschreibung des Essener Mietspiegels 2016 zum Mietspiegel 2018 angewendet. Eine signifikante Diskrepanz zwischen der Entwicklung des Verbraucherpreisindex und der Woh­nungsmieten im Zeitraum von Januar 2020 bis Januar 2022 wurde von den Mit­gliedern im Arbeitskreis nicht gesehen.
Für die Fortschreibung von 2020 nach 2022 sind die Indexwerte zum Stichmonat Januar 2020 (105,2) und nach Ablauf von zwei Jahren Januar 2022 (111,5) maß­geblich. Dies führt zu einer Steigerung der Basiswerte des Mietspiegels von 5,99 Prozent, was einer jährlichen Steigerung von 2,95 Prozent entspricht. Von den durch den Ukrainekrieg verursachten enorm gestiegenen Energiekosten war die Anpassung damit nicht tangiert.

2. Wieviel Mehraufwand macht eine Berechnung der Mietentwicklung auf Grundlage von Stichproben?

Die stichprobengestützte Anpassung ist deutlich personal-, zeit- und kostenauf­wändiger als die indexbasierte Fortschreibung. Es wäre eine neue Befragung durch­zuführen, die jedoch weniger umfangreich als die Haupterhebung konzipiert wer­den könnte. Der Zeitbedarf wird auf 3 - 4 Monate geschätzt und wird bei den zu­künftigen Fortschreibungen berücksichtigt.
Grundsätzlich wäre es denkbar, nur diejenigen Fälle in die neue Grundgesamtheit aufzunehmen, die sich an der Haupterhebung beteiligt haben und deren Wohnun­gen als mietspiegelrelevant klassifiziert wurden. Aus der erneuten Befragung wären dann mittels statistischer Methoden Anpassungsfaktoren für die Fortschreibung durch das mit der Mietspiegelerstellung beauftragte Unternehmen zu ermitteln.

3. Welche Möglichkeiten sieht die Verwaltung zur Änderung der bisherigen Praxis durch die Erfassung der tatsächlichen Mietentwicklung durch Stichproben?

Der Mietspiegel 2022 kann nach Ablauf seiner Gültigkeit nicht mehr fortgeschrie­ben werden. Für den Mietspiegel 2024 ist damit eine neue Mietdatenerhebung durch Befragungen von Vermieterinnen und Vermietern sowie Mieterinnen und Mietern durchzuführen. Die Haupterhebung für den Mietspiegel 2024 soll so kon­zipiert werden, dass grundsätzlich eine stichprobengestützte Fortschreibung im Jahr 2026 möglich ist. Im Vorfeld der im Jahr 2026 notwendigen Anpassung des Mietspiegels 2024 wird sich der Arbeitskreis Mietspiegel intensiv mit beiden Mög­lichkeiten für die Anpassung auseinandersetzen und das Für und Wider der unter­schiedlichen Methoden - auch unter Betrachtung der Entwicklung des Verbrau­
cherpreisindex in den Jahren von 2024 bis 2026 -. gegeneinander abwägen.