Heike Kretschmer: "Änderung des Nahverkehrsplans"

Einen Tagesordnungspunkt zuvor haben wir den Fortschrittsbericht Grüne Hauptstadt Europa zur Kenntnis genommen.

Bei der Beschreibung der gegenwärtigen Situation im Zuge der Haushaltsbefragung zeigt sich, dass der motorisierte Individualverkehr gegenüber dem ÖPNV weiter gestiegen ist und in Zeiten der Pandemie sogar weiter gewachsen ist. Seit 2011 stagniert die Quote der ÖPNV-Nutzung bei 19 %. Schon zur Verabschiedung des Nahverkehrsplan hatte die Fraktion DIE LINKE Anträge zur Verbesserung der Taktzeiten gerade im Bereich frühmorgens und abends gestellt, die auch ohne die Bahnhofstangente möglich gewesen wären. Bei der Mobilitätsumfrage werden zu geringe Taktzeiten als ein wesentlicher Kritikpunkt am ÖPNV angeführt.

Ein wirklich breites Angebot, dass sich an die Bürger:innen und Touristen gleichermaßen richtet, sieht anders aus. Da ist selbst die hoch verschuldete Stadt Berlin, mit der man sich im Ruhrgebiet vergleicht, uns um Nasenlängen voraus. Die drei von der Verwaltung und der Ruhrbahn vorgeschlagenen zu beschließenden Änderungen am Nahverkehrsplan begrüßen wir grundsätzlich.

Wir halten die Aktualisierung des Liniennetzes 2025+ mit der entsprechenden Takttabelle für einen richtigen Schritt zur Steigerung der Attraktivität des ÖPNV, um diesen als konkurrenzfähiges System zum Individualverkehr auszubauen.

Die Umsetzung einer komplett neuen Linie unter Anbindung des Quartiers Essen 51 hat DIE LINKE seit Jahren gefordert. Wird doch damit wesentlich das Angebot im Nahverkehr verbessert, erfolgt eine  Kapazitätssteigerung, die sicherlich perspektivisch positive Auswirkungen auf die Nutzung des ÖPNV haben wird.

So schließt die beschlossene Anbindung das Quartier Essen 51, "nur" an die südliche Innenstadt mit dem Hauptbahnhof an, endet aber im Osten aktuell ziemlich tot im Betriebshof Stadtmitte. Um nun nicht auf halber Strecke stehen zu bleiben, sollten konsequenterweise die Erweiterungsmöglichkeiten ab dem Betriebsbahnhof Stadtmitte in Richtung Altenessen oder Katernberg sowie in Richtung Stadion Essen, wie in der Vorlage bereits  aufgezeigt endlich zur Beschlussreife geführt werden. So würde das Netz durch eine weitere tangentiale Linie qualitativ gut ergänzt und gestärkt werden - statt nur durch eine weitere radiale Linie erweitert zu werden.

Gleichzeitig gilt es noch einmal über die Linienführung im jetzt vorgestellten Perspektivnetz 2025+ nachzudenken, die Umsetzung der Hinweise und Anregungen aus der Stellungnahme von PRO Bahn ernsthaft zu prüfen.

Es kann nicht sein, dass wir in einer Richtung das Angebot erhöhen, attraktive Anreize für die neuen Bewohner:innen des Quartiers Essen 51 zum Einstieg in den ÖPNV schaffen, bei gleichzeitiger drastischer Reduzierung des Angebots auf bereits heute nachweislich überlasteten Strecken der Linien 105 sowie 101/106, wie die Analysen im aktuellen Nahverkehrsplan aufzeigen.

Die von Pro Bahn aufgezeigten Auswirkungen der Reduzierung des Angebots um zwei Drittel zwischen der zentralen Haltestelle Helenenstraße in Altendorf und der nördlichen Innenstadt, Universität und Rathaus, kann so nicht bleiben. Fasst man das zusammen, kommt es unterm Strich zu keiner Verbesserungen im Gesamtangebot. Wir landen am Ende wahrscheinlich nicht mal bei einem Nullsummenspiel.

Wir sehen hier dringenden Nachbesserungsbedarf, um auf allen Strecken das Niveau nicht nur zu halten, sondern auszubauen. Bereits heute haben viele Studenten und Studentinnen Altendorf zu ihrem Quartier auserkoren, was perspektivisch dem Stadtteil nur gut tun kann. Hier nutzen mehr Menschen den ÖPNV als in anderen Stadtteilen. Deshalb ist es notwendig die Taktungen zwischen Helenenstraße und nördlicher Innenstadt / Universität / Rathaus mindestens aufrecht zu erhalten.

Wie alle Untersuchungen zeigen, erfolgt dann der Umstieg auf den ÖPNV, wenn der Takt stimmt, die Wege zur Arbeit, zu Bildungseinrichtungen gut zu erreichen sind, der Service stimmt. Mit der Ernsthaftigkeit mit der die Planung und Finanzierung der City-Bahn auf der Grundlage des Ratsbeschlusses, die Änderungen im Fahrplan und die Weiterführung der erfolgreichen Lead-City-Maßnahmen angegangen wurden sind, gilt nun noch weitere Änderungen am Nahverkehrsplan vorzunehmen. Dazu gehören die bereits erwähnten Leistungsanpassungen. Ohne weitere Attraktivitätssteigerungen, wie durch den Ausbau der Taktzeiten im Früh- und Nachtverkehr, den barrierefreien Ausbau der Haltestellen, die Schaffung weitere Mobilitätsstationen, werden wir den Anteil des ÖPNV am Modal-Split nicht erhöhen können.

Auch wir begrüßen die 31 % der mit dem ÖPNV-Angebot zufriedenen Bürgerinnen und Bürger bei der Bürgerumfrage „Leben in Essen 2019“. Viel erschreckender sind für uns allerdings die 69 % der Unzufriedene. Ein Punkt für die Erhöhung der Zufriedenheit noch zum Schluss. Die Beschäftigten der Ruhrlandklinik würden sich freuen, wenn der Bus nicht zu jeder vollen Stunden an der Klinik halten würde, sondern zehn Minuten früher, damit sie pünktlich ihre Schicht anfangen können.

Über diese und weitere Änderungen am Nahverkehrsplan könnten wir hier mehr Zufriedenheit erreichen!