Leitbild "Zukunft.Essen.Innenstadt"

Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister, werte Kolleginnen und Kollegen, werte Zuhörende im Live-Stream,

das Leitbild für die Essener Innenstadt versucht die unterschiedlichen neuen Ideen zur Entwicklung des Stadtzentrums jenseits des alten, aus unserer Sicht überholten, stadtplanerischen Anspruchs „Essen die Einkaufsstadt“ zu bündeln.

Die Wahl und Beschreibung der Visionen für unser Stadtzentrum in den drei Handlungsebenen „Grün“, „Durchmischt“ und „Gemeinschaftlich“ halten wir für sinnvoll, wohl wissend, dass es keine starren Grenzen dazwischen geben kann. Auf der Grundlage der gelungenen „Stärken- und Schwächen-Analyse“ erscheint das Leitbild und die Zeitspanne von 17 Jahren, in der es Wirklichkeit werden soll, mehr als ambitioniert.

Da gilt es noch viele dicke Bretter an unterschiedlichen Stellen und bei verschiedenen Akteuren zu bohren, damit sich die Innenstadt 2040 für Essener:innen, Tourist:innen und Pendler:innen entsprechend des Leitbildes zeigen kann.

Die eigentliche Arbeit dafür beginnt jetzt. Denn erst mit der Ableitung von konkreten Maßnahmen im Integrierten Stadtentwicklungskonzept wird sich zeigen, wie man die drei Handlungsebenen sinnvoll zusammenzuführen kann und was in der Zeitspanne an Visionen wirklich umsetzbar ist.

Dabei handelt es sich um Maßnahmen, die vor allem dann greifen, wenn auch die Bereitschaft von Eigentümer:innen, Mieter:innen und Unternehmen da ist, die Vielfalt der Visionen mit zu diskutieren und Lösungen konstruktiv zu begleiten. Und auch die breite Öffentlichkeit sollte dabei mitgenommen werden, so wie es im Rahmen des weiteren Vorgehens beschrieben wird.

Die Bereitschaft dazu gibt es. Beispielsweise hat. das Netzwerktreffen des Essener Frauenbündnisses im August Fragen der Innenstadtgestaltung mit Frau Krämer, der Leiterin des City- und Zentrenmanagements der EMG diskutiert. Dabei ging es unter Anderem um die Notwendigkeit eines erweiterten Beteiligungsprozesses von Menschen an der Gestaltung der Innenstadt, die die Spannbreite der Stadtgesellschaft repräsentieren. Oder um die Frage, was es wirklich heißt, Öffentlichen Raum für alle zu schaffen.

Uns ist bewusst, dass man in einem Leitbild nicht alle Fragen umfassend beleuchten kann. Den im Handlungsfeld „Grün“ beschriebenen Anspruch, dass „ehemals durch den fließenden und ruhenden Verkehr dominierte öffentliche Räume [...] neugestaltet und nutzbar gemacht werden [können]“ sowie die mit der Umgestaltung angestrebten niederschwelligen Zugängen zu den Grünen Oasen halten wir als Linke für dringend notwendig. Denn bei den zu erwartenden steigenden Temperaturen kann die Innenstadt nur zu einem „Wohnzimmer für alle“ werden, wenn die notwendigen stadtklimatischen Veränderungen erreicht werden.

Da sich die Visionen sowie andere Formulierungen unter dem Handlungsfeld „Gemeinschaftlich“ nur realisieren lassen, wenn aktuelle Verkehrsströme, insbesondere die des Autoverkehrs, anders geregelt werden, hätten wir es wichtig gefunden, wenn noch konkretere Aussagen zum Verkehr, insbesondere auch zu Fragen der Parkplatzbewirtschaftung und deren steuernder Funktion getroffen wordne wäre.

Insofern erwarten wir bei der jetzt folgenden Entwicklung des Integrierten Entwicklungskonzeptes zur leitbildgetreuen Umsetzung der Handlungsebenen weitere, konkretere Impulse, die über die bereits bekannten Konzepte, wie die City-Bahn hinausgehen, und auch konsequenter umgesetzt werden, als die aktuelle Umweltspur.

Bezüglich der Aussagen zum Einkaufserlebnis in der Innenstadt bedarf es nicht nur der weiteren Klärung der existenziellen Fragen für Einzelhändler, wie hohe Mieten oder Eigentumsverhältnisse, die die Stadt kaum beeinflussen kann, sondern auch eine ausreichende Perspektive für große Ankermieter, wie bspw. Karstadt im Limbecker Platz. Ansonsten wird die Umsetzung der neuen Verkaufskultur durch Dritte sowie die sinnvolle Nutzung von Leerständen nicht möglich sein. Gerade die vor kurzem errungene 5-jährige Zukunft von Galeria Karstadt Kaufhof scheint mit der gestrigen Insolvenzanmeldung der Signa und damit auch die Zukunft der Arbeitsplätze der Mitarbeitenden am seidenen Faden zu hängen. Wenn es so käme, müssten wir uns um die zentralen Einkaufzentren noch ganz andere Gedanken machen.

Bei der Beschreibung der Handlungsebene „Gemeinschaftlich“ fehlt uns unter dem Ansatz des Attributes „integrativ“ die stärkere Herausarbeitung der soziale Komponenten von Stadtgestaltung, wie sie auch im Essener Frauenbündnis diskutiert worden ist. Wir erwarten, dass im Zuge der Erarbeitung des Integrierten Entwicklungskonzeptes die Bedarfe unterschiedlicher sozialer Gruppen jenseits des Beteiligungsprozesses nochmal stärker beleuchtet werden.

Der im Leitbild beschriebene Ansatz, dass „kulturelle und soziale Initiativen [...] ein sichtbarer und zugänglicher Teil des Stadtraumes [sind]“ zeigt einen Weg auf, der dringend ausgebaut werden sollte.

Grundsätzlich geht es uns hierbei um die stärkere Beantwortung der Frage: Wie attraktiv gestalten wir die Innenstadt jenseits der Fragen des Einkaufens und Arbeitens so, dass die Innenstadt an den Wochenenden, vor und nach Geschäftsschluss attraktiv für einen Aufenthalt ist, ohne dass etwas konsumiert werden muss und Menschen sich in diesem Umfeld wohl fühlen.

In dem Sinne sind wir auf die Inhalte des Integrierten Entwicklungskonzeptes gespannt und wir werden uns in den jetzt beginnenden Diskussionsprozess einbringen.

Daher stimmen wir auch dem Leitbild zu.

REDEMANUSKRIPT