Redebeitrag von Gabriele Giesecke zum TOP 14/15: Stadtteilentwicklungskonzept

Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister, liebe Kolleginnen und Kollegen,

 

erstmal auch von uns ein herzliches Dankeschön an alle Beteiligten für die immense Arbeit, immerhin 463 Seiten umfasst die Vorlage, die wir heute auf den Weg bringen werden. Sie enthält viele gute Ideen, was getan werden kann, um mehr Chancen auf Beteiligung und Teilhabe zu geben.

 

Sie enthält aber vor allem auch eine durchaus erschreckende Bestandsaufnahme, in welchem Umfang aktuell Menschen von Teilhabe und auch nur einem geringen Wohlstand ausgeschlossen sind. Und es ist ausschließlich der Förderlogik des Landes NRW bzw. der EU-Fördertöpfe geschuldet, dass sich dieses Programm auf drei Stadtbereiche konzentriert. Andere bleiben außen vor, obwohl in ihnen auch Menschen am Rande des Existenzminimums leben, Kinder in Armut und mit schlechten Bildungschancen etc.

Bergeborbeck z.B. mit 28 % Alg II-Leistungsbeziehenden bleibt außen vor. Unter den ausgewählten Stadtteilen liegen nur drei über diesem Wert. Bergeborbeck ist nur deshalb im Ranking zurückgefallen, weil dort besonders wenig Menschen pro Hektar wohnen. Ein Wert, der hier besonders fragwürdig ist, weil wir hier nicht über die grünen Felder in Schuir reden.

Seit November letzten Jahres liegt unser Antrag „Handlungskonzept gegen soziale Ungleichheit zwischen den Stadtteilen“ vor und steht hier heute zusammen mit dem Projekt „Starke Quartiere/starke Menschen“ zur Abstimmung. Unser Antrag ist durch die vorliegende Bewerbung um EU-Fördermittel nicht hinfällig.

Es ist ausgesprochen schade, dass im Grunde die Stadt Essen aus förderrechtlichen Gründen nicht wirklich ein Stadtentwicklungskonzept für alle Stadtteile aufstellen konnte. Fast in jedem Stadtteil gibt es Entwicklungsbedarf, leben z.B. arme Kinder, die der besonderen Förderung bedürfen. Hierin liegt für uns der Hauptmangel. Die Förderlogik des Landes und der EU ist hier ausgrenzend. Und sie stiftet Konkurrenz und Unfrieden in den Städten. Ich erinnere nur daran, wie z.B. Stadtteile wie Nord, Altenessen, Bergeborbock, Kray etc. durchaus neidisch auf Altendorf und Katernberg geblickt haben, die im Rahmen der Sozialen Stadt gefördert wurden.

Insofern ist es gut, dass es der Stadt gelungen ist, Fördermittel einzuwerben, um in sechs weiteren Stadtteile sogenannte Quartiersmanager/innen einzusetzen. Diese haben sich ja in anderen Bereichen bewährt, weil sie vor allem wertvolle Unterstützung bei der Vernetzung von Angeboten im Stadtteil  leisten können.

Die kritischen Anmerkungen sollen nicht die Vorschläge kleinreden. Diese sind in einem breiten Beteiligungsprozess in den ausgesuchten Fördergebieten entwickelt worden. Es ist gut, wenn die ausgesuchten Stadtbezirke West, Nord und Mitte/Ost aufgewertet werden und sich den dort lebenden Menschen Chancen auf Teilhabe eröffnen.

Ich komme auf unseren Antrag zurück: Wir wollen heute nicht alle Punkte unseres Antrag zur Abstimmung stellen, sondern drei Punkte abstimmen lassen, die aus unserer Sicht wichtig für die gesamtstädtische Entwicklung sind:

Den Punkt 2: Schulentwicklungsplanung und Ausbau Offener Ganztag

  • Wir brauchen eine Schulentwicklungsplanung, die auf die Problemlagen sogenannter „sozialer Brennpunkte“ zugeschnitten sind. Dabei sollte der alte Leitspruch verfolgt werden: „Ungleiches ungleich fördern“, denn  in manchen Grundschulen gibt es überwiegend Kinder mit Sozialleistungsbezug während auf der anderen Seite beispielsweise in Rüttenscheid Kinder mit Migrationshintergrund unterrepräsentiert sind.
  • Offene Ganztagsplätze fehlen weiterhin, der Ausbau geht zu langsam vor. Wir wollen hier einen Ausbau als erste Stufe. Eigentlich werden mehr Ganztagsschulen mit einem rhythmisierten Unterricht gebraucht.

Weiter den Punkt 4: Eine Sozialwohnungsquote von mindestens 30 % bei Neubauvorhaben

  • Auch hier schlagen wir vor: „Ungleiches ungleich behandeln“. In Stadtteilen mit wenigen Sozialwohnungen sollte die Quote höher sein. Dies hätte ganz nebenbei einen positiven Effekt für die Zusammensetzung der Kinder an den Schulen. In Bredeney und Kettwig würden die Kinder aus gutsituierten Familien sicher einen positiven Einfluss auf Kinder aus vielleicht bildungsferneren Familien haben.
  • Investoren gerate im Essener Süden dürfte es angesichts des Baubooms und der anhaltenden Niedrigzinsen nicht schwerfallen, mehr Sozialwohnungen zu bauen und auch an Sozialwohnungen zu verdienen.

Damit komme ich zum Punkt 5, dem letzten Punkt, den wir zur Abstimmung stellen: Der Allbau muss dringend in die Lage versetzt werden, mehr Sozialwohnungen zu bauen. Der Allbau ist nicht die Melkkuh des Stadtkämmerers. Sie hat den öffentlichen Zweck, günstigen Wohnraum für die Menschen sicherzustellen, die nicht über viel Geld verfügen. Hier hat der Allbau über die Jahre viel geleistet und auch manches Stadtentwicklungsprojekt gestemmt. Ich sage nur Niederfeldsee in Altendorf oder Kastanienhöfe in der nördlichen Innenstadt.

Die Umsetzung wenigstens dieser drei Punkte aus unserem Antrag wäre eine gute Ergänzung der angestrebten Entwicklung in den drei Fördergebieten. Es würde auch deutlich machen: Die drei Fördergebiete stehen zwar im Fokus, die gesamten Stadtteile und die dort lebenden Menschen rücken nicht aus dem Blick.