Redebeitrag von Gabriele Giesecke TOP: Corporate Governance

Ratssitzung am 27.4.2016

TOP 27: Corporate Governance

Herr Oberbürgermeister, liebe Kolleginnen und Kollegen,

wir freuen uns, dass wir heute endlich die neuen Corporate Governance Richtlinien verabschieden werden. Die Verwaltungsvorlage stellt zu Recht, allerdings sehr zurückhaltend fest, dass es „Sachverhalte“ bei der EBE und der GVE gegeben hat, die zu großem Schaden für die Stadt geführt haben – sowohl finanziell als auch für die Reputation. Wir drücken es allerdings etwas schärfer aus: Es war schon skandalös, in welchem Umfang die Öffentlichkeit und der Stadtrat an der Nase herumgeführt wurden. Im Falle der Mehrkosten für das RWE-Stadion wurden wir regelrecht belogen. Nun droht sogar ein Ausverkauf städtischen Eigentums, um die finanzielle Schieflage der GVE wieder zu richten.

Schärfere Transparenz-Regelungen und ein striktes Vier-Augenprinzip sind ein gutes Mittel, solchen „Sachverhalten“ bei den Beteiligungen künftig gegenzusteuern. Und sie sind keinesfalls ein Ausdruck des Misstrauens gegenüber den Geschäftsführerinnen und Geschäftsführern der städtischen Beteiligungen, denen für ihren Einsatz unser Dank gebührt. Nein, es geht nicht um Misstrauen, sondern um klare Regelungen für alle,  es für alle einfacher zu machen, nach einheitlichen Standards miteinander zu arbeiten.

Sehr zu begrüßen sind die Regelungen, durch die zukünftig die Arbeit der Aufsichtsräte verbessert werden soll. So durch die gleichzeitige Versendung der Stellungnahmen des Beteiligungsmanagements mit den Sitzungsunterlagen. Stellungnahmen, die einen am Abend vor der Sitzung per mail erreichen, waren nicht sehr hilfreich. Die Ausweitung der Berichtspflichten der Geschäftsführungen an den Aufsichtsrat begrüßen wir wärmstens, sie sind überfällig. Weitreichende Beschlüsse auf der Grundlage von Powerpoint-Präsentationen und Beschlussvorlagen, die per Beamer an die Wand geworfen werden, sollten der Vergangenheit angehören.

Anderes, wie die veränderten Regelungen zur Inanspruchnahme des Cash-Pools sind bereits Praxis und haben zu einer höheren Transparenz geführt.

Manches ist allerdings auch vage gehalten und bedarf einer weiteren Aufmerksamkeit und weiteren Festlegungen. Z.B. wenn es heißt: „Bei der Zusammensetzung des Überwachungsorgans sollte auch auf die Vielfalt (Diversity), insbesondere eine angemessene Beteiligung von Frauen, geachtet werden.“ Na toll. Liebe Kolleginnen und Kollegen, ohne klare Zielvorgaben und Quoten wird sich die Frauenquote weiter im mikroskopischen Bereich bewegen. Hier gibt es Nachbesserungsbedarf.

Wir haben mehrfach eine Anpassung der Compliance-Regelungen angeregt, denen jetzt weitgehend entsprochen wird. Nun wird eine Compliance-Beauftragte/ein Compliance-Beauftragter zumindest für alle größeren Gesellschaften empfohlen. Hier ist es wichtig, dass die Aufsichtsräte darauf achten, dass diese Beauftragten ihre Aufgabe tatsächlich wahrnehmen können, z.B. ihnen eine ausreichend Zeit und sächliche Mittel zur Verfügung gestellt werden.

Zu den vorliegenden Änderungsanträgen:

Wir werden den Antrag von SPD/CDU/Grüne/FDP zum Sponsoring im ersten Punkt unterstützen. Sponsoring durch städtische Beteiligungen ist für viele Bereiche in unserer Stadt wichtig und sie leistet z.T. mit wenig Geld viel. Deshalb ist es richtig, das Sponsoring nicht nur auf ehrenamtliche Engagement gemeinnütziger Organisationen zu beschränken, wie es in der Verwaltungsvorlage steht. Das würde zu viele Vereine ausschließen. Den zweiten Punkt des Antrages lehnen wir dagegen ab, weil wir nicht einsehen, warum nur auf Verlangen des Aufsichtsrates, und nicht auch des Beteiligungsmanagements oder des Rates die Identität des Empfängers und die Wirtschaftlichkeitsanalyse offengelegt werden soll, wie es die Verwaltungsvorlage vorsieht. Wir bitten deshalb um getrennte Abstimmung. Wichtig ist, dass nicht ein Art „Schattenhaushalte“ entstehen, die sich der politischen Beschlussfassung entziehen. Deshalb ist die von den Grünen beantragte jährliche Berichterstattung über Sponsoring-Aktivitäten im Finanzausschuss sehr wichtig und wir unterstützen den grünen Antrag.

Zum FDP Antrag haben wir innerhalb unserer Fraktion kontrovers diskutiert. Letztlich werden wir ihn unterstützen. Auch die beratenden Mitglieder in den Aufsichtsräten tun ihre Arbeit. Sie sind entsandt, damit sie ihre Aufgaben als Vertretungen des Gesellschafters im Stadtrat vollumfänglich wahrnehmen können. So müssen alle Fraktionen respektive alle Ratsmitglieder im Rahmen der Haushaltsaufstellung weitreichende Beschlüsse auch zu den städtischen Beteiligungen fassen. Die dazu nötigen Informationen werden vor allem in den Aufsichtsräten besprochen. Warum also eine Ungleichbehandlung? Zumal die fiskalische Einsparung nicht der Rede wert ist und die Essener Aufsichtsratsvergütungen eher im unteren Bereich liegen.