Sportmarketing-Konzept der EMG - Essen Marketing GmbH

Als LINKE haben wir die Broschüre zum Sportmarketing zur Kenntnis genommen. Dabei haben wir leider feststellen müssen, dass auf Seite 6 folgender Satz steht: „Die Beispiele Berlin und Hamburg zeigen, dass großstädtische Probleme wie Kriminalität oder Migration nicht unbedingt schädlich für das Image einer Stadt sein müssen.“

Wir weisen es entschieden zurück, Migration nur als Problem zu bezeichnen. Zudem halten wir es für höchst unglücklich, Kriminalität und Migration in einem Atemzug zu nennen und diese dadurch zu verbinden. Meine Anwesenheit und die vieler anderer Menschen mit Einwanderungsgeschichte in Essen wird als “nicht unbedingt schädlich“ für das Image der Stadt eingestuft, also als bedingt schädlich und damit vorrangig als ein negativ zu bewertendes Ereignis. Das können Sie nicht wirklich ernst meinen, denn eine offene Willkommenskultur, wie sie Essen leben möchte, sieht anders aus.

Natürlich ist uns bewusst, dass es in Bezug auf das Thema Migration auch Herausforderungen gibt, die wir gerne sachorientiert und kontrovers diskutieren wollen. Allerdings trägt die oben genannte Formulierung zu keiner Lösung dieser Herausforderungen bei. Außerdem wird sie unserer Stadtgesellschaft nicht gerecht, in der sich täglich viele Menschen für eine friedliche und vielfältige Stadt engagieren.

Nun könnten manche sagen, dass dies nur sprachliche Feinheiten seien, aber Sprache prägt nun einmal unser Denken und die Art wie wir die Welt wahrnehmen. Dabei überliefern Worte nicht nur Informationen, sondern eben auch Emotionen - was in dem von uns angesprochenen Beispiel aus der Broschüre leider problematisch wirkt.

Heutzutage wissen wir gestützt durch die Wissenschaft, dass Sprache nicht nur unser Denken von der Welt beeinflusst, sondern dadurch auch Auwirkungen auf unser Handeln hat. Bezogen auf den ritualisierten Dialog einer Trauung hatte der Philosoph John Austin die Erkenntnis, dass das Sprechen gleichzeitig ein Tun ist. Es realisiert einen „Sprechakt“ und ist daher wirklichkeitsveränderndes Handeln in der Welt.

Dem folgend spielt Sprache auch eine große Rolle bei der Konzeption und Verbreitung von Diskriminierungen und Stereotypen, die vor allem Minderheiten betreffen

Wer oft genug „schwul“ als Beleidigung sagt, auch ohne damit homosexuelle Menschen diskriminieren zu wollen, denkt am Ende trotzdem, dass Homosexualität etwas schlechtes sei. Und wer „Migration“ und „Kriminalität“ oft genug in einem Satz liest, denkt am Ende, dass alle Migranten kriminell seien und leitet entsprechende Handlungen daraus ab.

Zugleich ist Sprache aber auch ein wichtiges Mittel, um Diskriminerung zu bekämpfen: die Verwendung einer diskriminerungsfreien und inklusiven Sprache kann sich positiv auf die Integration und Inklusion von Menschen auswirken. Denn wo weniger Hürden sind, gibt es weniger Stolperfallen.

In einer vielfältigen Stadt wie Essen, in der fast vierzig Prozent eine Einwanderungsgeschichte haben, sollten gerade auch die Repräsentanten der Stadt alle Teile der Bevölkerung mitnehmen und selbstverständlich niemanden ausgrenzen oder zu Rassismus beitragen. Ich denke, das sehen wir hier fast alle so.

Als LINKE erwarten wir daher, dass zukünftig sensibler mit dem Thema Sprache umgegangen wird, um letztlich Sprache, Wirklichkeit und Anspruch in Einklang zu bringen. Wir freuen uns daher auf die nächste spannende Broschüre.

Zuletzt möchte ich noch über etwas anderes aus der Broschüre sprechen: Essener Mannschaften sind in mehreren Sportarten in der 1. Bundesliga vertreten, so z.B. im Frauenfußball durch den SGS. In der aktuellen Sportmarketing-Broschüre kommt der Frauenfußball allenfalls am Rande vor  - und der eSport, der ja erst vor kurzem Thema hier im Rat war und der große Potentiale birgt, kommt gar nicht vor.

Zu nennen ist auch, dass alle Sportarten das gleiche Problem haben: die wirtschaftlichen Herausforderungen und dass sich immer weniger Menschen  in den Vereinen engagieren. Da hätten wir es angebracht gefunden als Stadtmarketing zu fragen, welche Beiträge man leisten kann, um diese substantiellen Fragen anzugehen. Wie kann man z.B. Events besser bewerben? Und ist manches Geld vielleicht anderswo besser eingesetzt als beim Fußball?

Schwierig finden wir zudem, dass bei den Handlungsempfehlungen festgestellt wird, dass niemand in der EMG so richtig Ahnung von Sport hat - die Auffassung teilen wir zwar - aber da muss doch gefragt werden, wieso die EMG die Aufgabe dann überhaupt übernommen hat, was das Ganze gekostet hat und wen man neben den Sachverstand des Espo vielleicht noch hätte dazu holen sollen.

Insgesamt erweist sich die Broschüre auch jenseits kritischer Formulierungen leider als lückenhaft und sollte für eine Neuauflage noch einmal komplett überdacht werden.