Theresa Brücker: Auflösung des Ruhr-Kollegs

Das Ruhr Kolleg bietet seit über 60 Jahren ein einmaliges Bildungsangebot für Schüler:innen aus Essen und Umgebung. Die Möglichkeit, nach einem Bruch im ersten Bildungsweg, auch noch im zweiten Weg das Abitur machen zu können, ist für viele Menschen eine Möglichkeit ihre Lebenssituation zu verbessern. Es  gleicht zudem die allgemeinen Ungleichheiten des deutschen Schulsystems ein wenig aus.

Das hat auch die Studierendenvertretung des Ruhr-Kollegs in der Juni-Sitzung des Ausschusses für Schule, Bildung und Wissenschaft deutlich klargemacht. Sie haben darauf verwiesen, dass die Abiturquote über die Jahre um über 10 Prozent gestiegen ist, sodass mittlerweile 25% der Studierenden, die das Abitur antreten, dieses auch abschließen.

Um zwei kurze Beispiele dafür zu nennen, welch besondere Geschichten am Ruhr-Kolleg in den letzten Jahren geschrieben wurden:

  • ein syrischer Geflüchteter hat dort sein Abitur mit 1er-Schnitt gemacht und studiert heute;
  • zwei Schüler:innen haben sich dort kennen und lieben gelernt. Sie bekamen ein Kind und konnten dieses ohne Schullaufbahnunterbrechungen aufziehen, weil die Schule ihnen geholfen hat.

Ein städtisches Kolleg bietet im Vergleich zu einem Abendgymnasium den Studierenden ganz andere, bessere Möglichkeiten zur Erlangung eines Schulabschlusses. Es bedarf keiner Berufstätigkeit als Aufnahmebedingung. Man kann BAFöG ab dem 1. Semester erhalten, hat die Möglichkeit 6 Grundkurse bei max. 2 Vertiefungsfächer zu belegen. Deshalb bleibt zu hoffen, dass dem Antrag des Bistums zur Einrichtung eines Kolleg am Nikolaus-Groß-Abendgymnasium bei der Bezirksregierung stattgegeben wird.

Natürlich sehen auch wir, dass sich die Bedarfe der Schule verändert haben und die Studierendenzahlen auf dem zweiten Bildungsweg abnehmen. Darauf sollten wir auch reagieren. Beispielsweise indem wir ein zentrales Weiterbildungskolleg einrichten, welches die Bildung auf dem zweiten Wege bündelt, wie es u.a. der Schulleiter des Ruhr-Kollegs, Michael Wlochal, eingebracht hat.

Zwar hat das Ruhr-Kolleg die vom Landes-Schulgesetz vorgeschriebenen 240 Studierenden unterschritten, aber das gerade zum ersten Mal. Das während der Corona-Pandemie, in der die Akquise der Studierenden erschwert war, zusätzlich noch aufgrund der wechselnden kommissarischen Schulleitungen.

Das Niederrhein-Kolleg in Oberhausen befindet sich hingegen seit Jahren unter der vorgeschriebenen Zahl und soll weiterbetrieben werden. Das ist für uns Messen mit zweierlei Maß zum Nachteil der Schülerinnen und Schüler.

In dessen Ergebnis entstehen Brüche in dem Bildungsgang von 240 Studierenden, den man mit viel Aufwand, über Beratungsgespräche der Verwaltung abzufedern versucht.

Schade ist dabei auch, dass die Gespräche erst geführt wurden, als die Studierenden bereits vor mehr oder weniger vollende Tatsachen gestellt wurden und sie die Informationen aus der Zeitung entnehmen mussten, anstatt dass vorher auf sie und ihre Belange eingegangen wurde.

Studierende müssen zum Erhalt des Abschlusses von einem städtischen auf eine konfessionsgebundene Einrichtung wechseln. Es erfolgt eine eigentlich nicht notwendige gewesene Stärkung der Bildungsstrukturen des Bistums zur Aufrechterhaltung der Möglichkeit des Studiums an einem Kolleg.

Dies sieht die Studierendenvertretung kritisch, wie sie in einem Schreiben vom 08. Juni dargelegt haben. Sie schreiben, dass sie „sich bewusst für diese Schulform entschieden [haben]. Unter anderem aufgrund [der] Multikulturalität und Pluralität [des Ruhr-Kollegs]“.

Dies seien „Dinge, für die eine Schule gegen Rassismus, eine Schule mit Courage steht. Dinge, die ein städtisches Kolleg bieten kann.“

Der vorgeschlagene Weg geht an die Interessen der Studierenden, der Lehrkräfte und der weiteren Angestellten der Schule vorbei.

Genau deshalb setzen auch wir uns als LINKE für eine städtische, gut ausgestattete und engagierte Schulen für alle ein und lehnen den Antrag zur Überführung der Bildungsgänge und zur Auflösung des Ruhr-Kollegs ab.