Anfragen

Bericht aus der Ratssitzung Oktober 2023

Geflüchtetenunterkünfte werden ausgebaut

Rechtsextremistische und völkische Hetze durch die AfD

 

Mit einer Dauer von nur 2,5 Stunden war es eine außergewöhnlich kurze Ratssitzung. Dafür wird die Sitzung im November um so länger. Dann wird der Haushalt verabschiedet und  viele große und zum Teil auch strittige Themen werden auf der Tagesordnung sein, wie z.B. die Verbesserung der Sicherheit auf der Fahrradstraße Rüttenscheider Str., das Handlungskonzept gegen Rechtsextremismus und Rassismus, das Klimafolgen-anpassungskonzept und möglicherweise der Ausbau des RWE-Stadions.

Die Mehrzahl der Plätze in den sechs Behelfseinrichtungen für Geflüchtete fallen in den nächsten Jahren aus verschiedenen Gründen weg. Gleichzeitig muss die Stadt mit mehr Geflüchteten rechnen. Um darauf vorbereitet zu sein und Ersatz für die wegfallenden Plätze zu schaffen, hat der Rat der Stadt gestern - nur gegen die Stimmen der AfD - die Anmietung zweier Objekte im Bezirk I an der Franziskanerstr. und an der Königgrätzstr. zur Nutzung als Geflüchtetenunterkunft beschlossen.

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Ausbau der Unterbringungskapazitäten für Geflüchtete

 

Bloß keine Unterbringung von Geflüchteten in Turnhallen, Zelten oder anderen Noteinrichtungen wie 2015. Dieses Ziel in der gestrigen Verwaltungsvorlage unterstützt die linke Fraktion im Interesse einer menschenwürdigen Unterbringung ausdrücklich. Heike Kretschmer erkannte in ihrer Rede die Transparenz der Vorlage an, mit der sich alle ein Bild machen können, welche Integrationsleistungen zu stemmen sind. Das sei eine deutliche Verbesserung zu der, auch von anderen Fraktionen damals als intransparent kritisierten, Vorlage zur Geflüchtetenunterkunft Barkhovenallee im Mai dieses Jahres.

Heike bedankte sich auch bei den vielen Essenerinnen und Essenern, die den vor dem Krieg aus der Ukraine geflüchteten Menschen eine Unterkunft zur Verfügung gestellt haben. Was für die Geflüchteten aus der Ukraine gilt - eine menschenwürdige Unterbringung und Betreuung - muss aus Sicht der linken Fraktion für alle Geflüchteten aus anderen Herkunftsländern ebenso zutreffen.

Das sehen auch die anderen Fraktionen so, bis auf die AfD. Diese nutzte die Debatte für rassistische Hetze aus der untersten Schublade. Ratsherr Weiss behauptete, dass „die Menschen“ nicht wollen würden, dass Essener Stadtteile durch permanente Masseneinwanderung aus arabischen und afrikanischen Ländern in „islamische und afrikanische Siedlungsgebiete“ umgewandelt würden, mit der entsprechenden Kriminalität, die das angeblich nach sich ziehen würde. Damit nahm er Rückgriff auf das ideologische Konstrukt vom vermeintlichen großen Bevölkerungsaustausch der neofaschistischen  Identitären Bewegung. Diese Verschwörungstheorie behauptet einen von „den Eliten“ geplanten Austausch der Bevölkerung durch Flüchtende. Führende Theoretiker der Identitären wie Martin Sellner aus Österreich schließen dabei auch Gewalt gegen „die Austauscher“ und Geflüchtete ausdrücklich nicht aus.

Ahmed Omeirat von den Grünen sprach der AfD das Recht ab, für eine vermeintliche Mehrheit der Essener zu sprechen. Dirk Kalweit von der CDU setzte sich zwar für eine vernünftige Unterbringung der Ankommenden ein und, an die Adresse der AfD gerichtet, für eine ordentliche Sprachregelung und gegen Zuspitzungen. An seine eigene Empfehlung hat er sich dann aber nicht gehalten, als er z.B. behauptete, es würden jeden Tag „1.000 Illegale“ nach Deutschland einreisen. Damit unterstellt Kalweit, dass die rund 233.000 Menschen, die von Januar bis September hier einen Asylantrag gestellt haben, alle keinen Anspruch auf Asyl bzw. eine Duldung hätten. Dabei kamen die meisten aus Syrien, Afghanistan und der Türkei und damit aus Ländern, in denen Menschen verfolgt und unterdrückt werden und die nicht als sog. „sichere Herkunftsländer“ gelten. Diese mit dem Begriff „illegal“ zu versehen ist abwertend und auch sachlich falsch. Denn die Asylverfahren laufen in der Regel noch. Der Bundesregierung warf Kalweit unter anderem vor, nichts gegen eine „ungeregelte und unbegrenzte Einwanderung‘“ zu unternehmen. Für diese und weitere polemische Zuspitzungen gab es demonstrativen  Beifall der AfD-Fraktion - aber (fast) keinen aus seiner eigenen Fraktion.

Der Bezirksbürgermeister der Bezirksvertretung I, Peter Valerius (CDU) berichtete aus der Sitzung vom Vortag, dass die BV das Thema ohne Aufregung sachlich besprochen hat. Alle Fraktionen, bis auf die AfD, haben die Unterbringung in ihrem Bezirk beschlossen. Am 16. November wird es eine erste Bürgerversammlung geben, bei der die Verwaltung zur Unterkunft an der Franziskanerstr. informieren und auf die Einrichtung eines Runden Tisches hinwirken will, berichtete Sozialdezernent Peter Renzel zum Schluss der Debatte.

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Umstellung der Versorgung auf Sachleistungen

 

Die AfD hat den Antrag gestellt, die Versorgung von Asylbewerber und Geflüchteten von Geld- auf Sachleistungen umzustellen. Oberbürgermeister Thomas Kufen, der auch Vorsitzender des Städtetages NRW ist, führte die Gründe aus, warum auch die anderen 396 Städte in NRW keine Sachleistungen einführen würden, obwohl sie es gesetzlich könnten. Der Verwaltungsaufwand ist dafür viel zu groß. Mitarbeitende der Stadtverwaltung müssten Ausgabestellen organisieren, statt sich um andere Aufgaben zu kümmern.

Der Antrag der AfD wurde ohne Debatte abgelehnt, nur das EBB stimmte dafür(!). Die linke Fraktion hat in einer Pressemitteilung vom 10. Oktober dargelegt, warum sie nicht nur wegen des bürokratischen Aufwands gegen Sachleistungen ist. Eine auskömmliche Finanzierung der Kommunen für die Integrationsaufgaben durch den Bund wäre besser, als diese mit der Ausgabe von Sachleistungen noch mehr zu belasten. Diese entmündigen die Geflüchteten, weil sie so keine freien Entscheidungen gemäß ihrer individuellen Bedürfnisse treffen können. Menschen fliehen vor Gewalt, Verfolgung, Krieg und Not. Migrationsforscher sind sich weitgehend einig, dass Sozialleistungen nur einen geringen Einfluss auf die Wahl des Ziellandes haben. Menschen wollen nach Deutschland, weil sie hoffen hier Arbeit zu finden und auf Landsleute zu treffen. Außerdem sind Rechtsstaatlichkeit, Demokratie und ein offenes Bildungssystem weitere Faktoren. Durch Sachleistungen würden nicht weniger Menschen nach Deutschland kommen.

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Keine Freigabe der Umweltspur für Taxis

 

Die Fraktion der FDP hat beantragt, die Umweltspuren in Essen für den Taxiverkehr freizugeben. Die Fraktion des EBB stellte dazu einen weiteren Antrag, dass dieses nur für Taxis mit mindestens zwei Personen gelten soll. Beide Fraktionen begründeten ihre Anträge u.a. damit, dass Taxis Teil des ÖPNV seien und andere Städte solche Regelungen auch schon eingeführt haben.

Heike Kretschmer hielt wie auch Redner der anderen Fraktionen dagegen und begründete die Ablehnung der beiden Anträge. Pünktlichkeit sei ein wichtiges Thema für die Kundinnen und Kunden. Die Freigabe von Busspuren für Taxis würden bei Spitzenlasten von 30 Bussen auf der Umweltspur an der Schützenbahn zu weiteren Verspätungen führen. Diese Freigabe führen Städte durch, in denen es ein ganzes System von Busspuren gibt und nicht nur marginale Teilstücke wie in Essen. Deshalb sei es Aufgabe der Stadt Essen eher an einer Ausweitung der Busspuren zu arbeiten als an einer Schwächung der bestehenden. Die Gutachter hatten vor einigen Jahren die Einführung einer Busspur rund um den Cityring vorgeschlagen. Übrig geblieben ist, auch wegen des starken Widerstandes aus der CDU, nur das Teilstück auf der Schützenbahn.

Heike forderte, dass die Aufnahme von weiteren Busspuren im nächsten Nahverkehrsplan thematisiert werden sollen. Verkehrsdezernentin Simone Raskob verwies auf die Ergebnisse der damaligen Verkehrssimulation, die ergeben hat, dass es verkehrlich nicht funktionieren würde, wenn auf der Umweltspur Fahrzeuge mit drei verschiedenen Geschwindigkeiten unterwegs seien und Taxis dort für einen Fahrgastwechsel stoppen würden. Nicht umsonst befürchte die Ruhrbahn eine weitere Verlangsamung des Busverkehrs.

Für den FDP-Antrag stimmte nur das EBB, für den EBB-Antrag die FDP und AfD.

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Und sonst?

  • Ohne große Debatte wegen ausführlicher Beratung in den Fachauschüssen und gegen die Stimmen der AfD wurde die moderate Erhöhung der Eintrittspreise für den Grugapark beschlossen. Die letzte Erhöhung fand vor zehn Jahren statt. Die Mehrerlöse sollen ausschließlich in Verbesserungen und den Betrieb des Parks investiert werden. Weil die familienfreundliche und soziale Staffelung des Eintrittspreises auch nach der Erhöhung weiterhin Gültigkeit ist, hat auch die linke Fraktion zugestimmt.