Anfragen

Bericht aus der Ratssitzung März 2024

Bericht aus der Ratssitzung März 2024

Keine Zuschüsse bei Rassismus und Antisemitismus

Die Linke stellt Ersetzungsantrag zu CDU/Grüne-Antrag

Städtische Zuschüsse gibt es bei der Integrationsarbeit und der Kinder- und Jugendhilfe nur für Vereine und Verbände, die sich zur freiheitlich-demokratischen Rechts- und Werteordnung bekennen und die jegliche Form von gruppenbezogener Menschenfeindlichkeit, insbesondere  Rassismus und Antisemitismus, ablehnen.

Das haben CDU und Grüne beantragt. Im Grundsatz völlig richtig, fand die linke Fraktion. Aber die in dem Antrag überzogenen Formulierungen können zu willkürlichen Definitionen führen. Die Linke hat deshalb einen Ersetzungsantrag gestellt.

_______________________________________________________________________

Kein Geld von der Stadt bei Rassismus und Antisemitismus

Heike Kretschmer begründete den linken Antrag und äußerte Kritik an dem CDU/Grüne-Antrag, dabei vor allem am Bekenntniszwang zum Existenzrecht Israels und zu unserer Rechts- und Werteordnung. Denn mit dem Einfordern von Bekenntnissen, selbst zu richtigen Zwecken, begeben wir uns auf eine schiefe Ebene. Das hat Heike in ihrer Rede ausführlich erläutert. Außerdem fehlten der linken Fraktion positive und aktive Ansätze, die stärker auf das Erleben von Demokratie und die Arbeit für mehr Demokratieverständnis setzen. Außerdem ging es der linken Fraktion auch darum, wenn schon, dann alle Förderrichtlinien der Stadt zu überprüfen.

Im Vorfeld haben der Arbeitskreis Jugend, die linke Fraktion und auch die SPD-Fraktion, Fragen an das Rechtsamt der Verwaltung gestellt und um eine rechtliche Einschätzung des schwarz/grünen Antrags gebeten. Heike begründete, warum sie die Zweifel an der Rechtssicherheit des Antrags durch die Antwort der Verwaltung für nicht ausgeräumt hält. Dabei ging es u.a. um die Definition von Antisemitismus nach der International Holocaust Remembrance Alliance (IHRA), die rechtlich umstritten ist. Ebenso wie andere Definitionen, wie z.B. die Jerusalemer Erklärung, sind das letztlich akademische Herleitungen, die nicht geeignet sind, eine rechtliche Bindekraft zu entwickeln.

Auch Caner Aver von der SPD-Fraktion bekräftigte, dass diese ebenso ihre rechtlichen Zweifel nicht ausgeräumt sieht. Außerdem sieht er die islamische Community ausgegrenzt und unter einen Generalverdacht gestellt. Eduard Schreyer von der FDP-Fraktion hielt den Antrag für überflüssig, weil die Verwaltung ohnehin schon an der Neuausrichtung der Förderkriterien arbeitet und dazu bereits im März ein Treffen des zuständigen Arbeitskreises stattfinden wird. Ähnliche Argumente hatte die linke Fraktion im Vorfeld auch diskutiert.

Der Antrag von CDU/Grüne wurde mit den Stimmen von EBB und AfD verabschiedet. Dagegen stimmten Die Partei, die FDP und Die Linke sowie Ahmad Omeirat von der grünen Fraktion. SPD und Tierschutzpartei haben sich enthalten. Mit der Annahme des schwarz/grünen Antrags kam es nicht mehr zur Abstimmung über den linken Antrag.

________________________________________________________________________

Integrierte kommunale Präventionsstrategie für benachteiligte Kinder

Mit der Integrierten kommunalen Präventionsstrategie sollen die Teilhabechancen benachteiligter Kinder und Jugendlicher verbessert  und die Essener Präventionskette ausgebaut werden. Denn bisher gibt es einen Flickenteppich an verschiedenen Maßnahmen. Diese sollen jetzt zusammengebunden und verstetigt werden. Die neue Strategie löst das alte Programm ab und setzt stärker auf interdisziplinäre Vernetzung. Zuerst wird es in zwei Pilotprojekte in  Bergeborbeck und Bochold geprobt und dann auf weitere Stadtteile ausgedehnt.

Grundlage ist das Landesprogramm „Essen kinderstark“, mit dem Netzwerke gebündelt und durchlässiger gemacht werden sollen. Jürgen Zierus begrüßte es, dass über die Präventionsstrategie nicht nur die Kinder und Jugendlichen erreicht werden sollen, sondern auch die Eltern. Er betonte den gemeinsamen Auftrag von Politik und Verwaltung für die Daseinsvorsorge von Kindern, Jugendlichen und deren Eltern.

Die Verwaltungsvorlage wurde einstimmig bei Enthaltung der AfD-Fraktion angenommen.

_______________________________________________________________________

Aufgabe der stationären Jugendhilfe-Einrichtung „Step Out

Die stationäre Jugendhilfe „Step Out“ ist eine Intensivwohngruppe für bis zu zwölf Jugendliche, die durch intensive Betreuung die Möglichkeit erhalten, wieder auf eigene Füße zu kommen, weg von den Drogen, hin zu einem geregelten Leben. Diese wird von der Suchhilfe Direkt betreut . Wegen Personalmangels soll die Einrichtung zum Ende März des nächsten Jahres geschlossen werden.

Die linke Fraktion wollte dieser Verwaltungsvorlage nicht zustimmen, da es einen sinnvollen Vorschlag des Betriebsrates zur Weiterführung gab und die plötzliche Schließung Zweifel in der Argumentation hinterlassen hat. Leider hat die Fraktion nicht an der Abstimmung der Vorlage teilgenommen, die ohne Debatte verabschiedet wurde. Die Ratsleute waren wegen fehlender Abstimmungskarten und der Kommunikation mit der Verwaltung abgelenkt und dann war es auch schon zu spät. Manchmal kann es auch sehr schnell gehen im Rat.

In der nicht gehaltenen Rede von Shoan finden sich weitere Argumente gegen die Schließung dieser Einrichtung.

________________________________________________________________________

Hochhausentwicklungskonzept verabschiedet

Mit dem einstimmig beschlossenen Hochhausentwicklungskonzept hat der Rat Leitplanken für eine zielgerichtete Steuerung des Neubaus von Hochhäusern verabschiedet. Heike stellte fest, dass es ein Verdienst des Konzeptes sei, den Status Quo in der Stadt festzuhalten und einzuordnen. Allerdings ist in dem Konzept der Bezug auf das Soziale nicht ausreichend entwickelt. Deshalb hat die Linke den Ergänzungsantrag gestellt, dass insbesondere in für Wohnen genutzten Hochhäusern soziale Zwecke eine hohe Priorität haben sollen und, wie in Düsseldorf auch, im Bebauungsplan von Wohnprojekten ein verbindlicher Anteil öffentlich geförderter Wohnungen vorgesehen werden soll.

Heike stellte in ihrer Rede auch fest, dass im Sinne der Nachhaltigkeit geplante Hochhausbauten über 60 Meter einer entsprechenden Prüfung unterzogen werden sollten. Denn Hochhäuser, vor allem solche mit über 60 Metern Höhe, weisen wegen der verschärften Bauvorschriften einen größeren „ökologischen Fußabdruck“ auf.

Obwohl für Philipp Rosenau von der SPD-Fraktion „viele richtige Dinge drinstehen“ hat diese dem linken Antrag nicht zugestimmt, weil es immer noch ausreichen würde, in den jeweiligen Bebauungsplänen den sozialen Wohnungsbau festzuschreiben und nicht bereits in dem Hochhausentwicklungskonzept.

Mit ähnlichen Begründungen haben auch CDU und Grüne den Antrag abgelehnt, der insgesamt bei Enthaltung der SPD und Zustimmung der Tierschutzpartei nicht durchgekommen ist.

________________________________________________________________________

Wanderausstellung 75 Jahre Grundgesetz - AfD stört sich an Renner

Die Verwaltung hat in einer Mitteilungsvorlage über die anstehende Wanderausstellung zur Entstehung des Grundgesetzes zum 75. Jahrestag informiert. Demnach soll diese Ausstellung nicht nur im Haus der Essener Geschichte, sondern auch in Schulen in allen Essenern Stadtbezirken ausgestellt werden. Die Ausstellung soll die Entstehungsgeschichte des Grundgesetzes erläutern und historisch einordnen, Verbindungen zum Wert des Grundgesetzes in heutiger Zeit schaffen.

Drei Mitglieder des 65-köpfigen verfassungsgebenden Parlamentarischen Rates kamen aus Essen. Neben der katholischen Sozialpolitikerin Helene Weber (CDU) und dem späteren Oberstadtdirektor Friedrich Wolff (SPD) war auch der erste, von den Alliierten ernannte, Essener Oberbürgermeister Heinz Renner (KPD) dabei.

Daran störte sich Frau Pousset von der AfD, weil er Kommunist war und gegen die Verabschiedung des Grundgesetzes gestimmt hat. Darauf wollte Frau Pousset hinweisen, bevor sich die „neue Sozialistische Einheitspartei Deutschlands hier im Rat“ zu weiteren Lobhudeleien hinreißen lassen würde.

Heinz Renners Wirken hat sich derzeit im Parlamentarischen Rat intensiv besonders für soziale Themen eingebracht, aber auch den ganzen Prozess der Entstehung stets kritisch betrachtet und auf Webfehler hingewiesen. Seine Ablehnung resultierte aus Renners Sicht, dass damit die Spaltung Deutschlands besiegelt wurde.

In der vom Landtag NRW verfassten, lesenswerten Lebensgeschichte über ihn wird beschrieben, wie der „Kommunist, über den Freund und Feind nur das Beste sagen“, damals als hochgeachteter und ausgewiesener Sozialpolitiker viel erreicht hat.

________________________________________________________________________

Klimamanagement für Gewerbegebiete

Weil die Umstellung der Betriebe zu mehr Klimaschutz und Ressourceneffizienz mit einem hohen personellen, organisatorischen, zeitlichen und finanziellen Aufwand verbunden ist, will die Stadt für drei Gewerbegebiete eine:n Gebietsmanager:in zur Verfügung stellen. Diese:r soll insbesondere für kleine und mittlere Unternehmen eine kostenlose Beratung für einen besseren Klimaschutz und für entsprechende Förderprogramme leisten.

Jürgen begründete die Zustimmung der linken Fraktion zu diesem Projekt, da dieses eine weitere Maßnahme zum Klimaschutz sein wird. Gerade das Gewerbe hat großes Potenzial beim Einsparen von Treibhausgasemissionen und Ressourcen. Jürgen wies darauf hin, dass in der Verwaltungsvorlage eine Stellenbeschreibung fehlen würde, mit der die erforderlichen Qualifikationen deutlich werden. Außerdem kritisierte er die Zuordnung der Stellen zur Essener Wirtschaftsförderung, obwohl diese weiter auf das Fachwissen von städtischen Einrichtungen angewiesen sein werden.

Ratsfrau Petra Hermann von der FDP-Fraktion war der Meinung, dass millionenschwere Firmen kein Klimamanagement brauchen würden, da sie ohnehin schon auf diesem Weg unterwegs seien. Es gäbe genug Ansprechpartner und Förderlotsen bei der  Kreishandwerkerschaft, Doppelstrukturen seien nicht nötig. Dementsprechend lehnte die FDP, wie auch die AfD, die Vorlage ab. Dabei sind es gerade die großen Unternehmen, die für einen Großteil der Treibhausgasemissionen verantwortlich sind.  Aber es geht ja auch um kleine und mittlere Unternehmen und nicht „nur“ um die Produktion der einzelnen Firmen, sondern auch darum, wie das ganze Gewerbegebiet klimaneutral werden kann.

________________________________________________________________________

Und sonst?

  • Jürgen hat eine Anfrage gestellt, ob der Oberbürgermeister zu den Abriss- und Neubauplänen an der Straße Litterode in Essen-Leithe Aufklärung leisten und der Bezirksvertretung VII den Stand der Dinge mitteilen kann. Dieser sagte das zu und kündigte eine schriftliche Antwort an.
     
  • Die linke Fraktion hat einen Antrag gegen Tarifdumping im Taxigewerbe eingebracht. Dieser geht jetzt durch die Ausschüsse und steht im April im Rat zur Entscheidung.
     
  • Wegen der Einführung eines neues SAP-Systems und der damit verbundenen Komplikationen soll im Herbst ein Doppelhaushalt für 2025 und 2026 verabschiedet werden. Die Ratsfraktion Die Linke hat zugestimmt, obwohl sie sonst Doppelhaushalte ablehnt. Gerade in diesen Zeiten ist es schwierig, über ein Jahr hinaus zu planen. Ohne einen Doppelhaushalt würde aber die Haushaltsberatung im Herbst 2025 direkt nach der Kommunalwahl durchgeführt werden müssen.
     
  • Auf Antrag von CDU/Grüne/SPD wurde, dem Beispiel von 43 anderen Städten folgend, die Einrichtung eines „Platzes der Kinderrechte“, möglichst in der Innenstadt, mehrheitlich bei Enthaltung von AfD und EBB beschlossen.
     
  • Die Verwaltung hat mit den örtlichen Bezirksvertretungen die Einrichtung von Grillzonen abgestimmt. Diese wurden jetzt vom Rat beschlossen, mit dem Zusatz, dass die Bezirksvertretungen das Recht haben, Grilllzonen selber einzurichten und über den weiteren Verbleib oder Änderungen beschließen können. Die Vorlage wurde einstimmig angenommen.