Anfragen

Bericht aus der Ratssitzung März 2023

Keine Resolution des Rates zum Tarifstreit

Mandatswechsel bei der linken Fraktion

Im Vorfeld der Ratssitzung hat die Ratsfraktion DIE LINKE den anderen Fraktionen die Verabschiedung einer Resolution an den Kommunalen Arbeitgeberverband (KAV) vorgeschlagen, um den berechtigten Interesse der Beschäftigen Gehör zu verschaffen. Der KAV sollte gebeten werden, zur nächsten Verhandlungsrunde in der aktuellen Tarifauseinandersetzung Ende März, ein verbessertes Angebot vorzulegen. Das ist mit dem Verweis auf die Tarifautonomie von den anderen Fraktionen abgelehnt worden. Dieses Argument kann die linke Fraktion nicht nachvollziehen. Zwar ist die Tarifautonomie ein hohes Gut, allerdings ist die Stadt Essen Mitglied im KAV und damit Teil des Arbeitgeberlagers. 

Für die Fraktionsvorsitzende Theresa Herzog war es gestern die letzte Ratssitzung. Nach längerem Überlegen hat sie sich entschieden aus gesundheitlichen Gründen ihr Mandat niederzulegen. Oberbürgermeister Kufen bedankte sich zum Schluss der Ratssitzung bei Theresa für ihr Engagement und drückte ihr seinen Respekt für ihre Entscheidung aus. Theresa appellierte noch einmal an junge Menschen, sich in der Politik - ob im Parlament oder auf der Straße - zu engagieren, da das ehrenamtliche Engagement wichtig für die Gesellschaft und wertvoll für einen selber ist.

Wir wünschen Theresa auch alles Gute, viel Kraft und Gesundheit sowie einen guten Abschluss ihres Studiums. Im Rahmen des Frühjahrsempfangs am 27. April wird es seitens der Fraktion eine offizielle Verabschiedung geben. Theresa hat erklärt, dass sie im Rahmen ihrer Möglichkeiten unsere Arbeit im Rat und vor allem im Sozialausschuss begleiten möchte.

Entsprechend der aufgestellten Liste zur Kommunalwahl wird an ihre Stelle Jürgen Zierus neues Mitglied unserer Ratsfraktion. Als langjähriger Bezirksvertreter für DIE LINKE in der Bezirksvertretung VII und als Mitglied in der Fraktion des Landschaftsverbandes Rheinland (LVR) wird er seine vielfältigen Erfahrungen in die Arbeit der Fraktion nun als Ratsherr einbringen. Seine Berufung wird in der Ratssitzung am 17. Mai erfolgen. In seine erste neue Funktion ist er bereits auf der gestrigen Ratssitzung durch den Rat gewählt wurden – er wird ab sofort die Fraktion DIE LINKE als beratendes Mitglied im Aufsichtsrat der Essener Arbeit-Beschäftigungsgesellschaft (EABG) vertreten.

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Weitere Finanzierung der Brückenprojekte

Seit 2015 dienen Brückenprojekte dazu, geflüchtete Kinder und deren Eltern über niedrigschwellige Angebote wie Spielgruppen und Eltern-Kind-Gruppen, an die frühkindliche Bildung in Kitas oder Kindertagespflege heranzuführen. Aus dieser Brückenfunktion ist ein Dauerzustand für mehrere hundert Kinder geworden. So stellen sie heute in Essen eher einen Ersatz für mangelnde Kitaplätze dar, von denen aktuell über 1.600 fehlen. Damit sind sie besser als gar keine Betreuung, aber kein gleichwertiger Ersatz für einen Kitaplatz in der Regelbetreuung, allein schon aufgrund des geringen Stundenumfangs. Darauf machte Shoan Vaisi aufmerksam. Deshalb müsse es weiterhin vorrangig darum gehen, mehr Kitas zu bauen, gerade auch weil jedes dritte Kind in Essen in Armut aufwächst.

Weil es diese Kitaplätze aber nicht gibt, unterstützte die linke Fraktion den gemeinsamen Antrag von CDU/SPD/Grüne für eine dauerhafte und auskömmliche Finanzierung der Brückenprojekte. Außerdem soll das „Essener Modell zur Kindesbetreuung in besonderen Fällen“ weiterentwickelt werden. Ursprünglich hatten SPD sowie CDU/Grüne zwei verschiedene Anträge gestellt, sie einigten sich aber einen Tag vor der Ratssitzung auf einen gemeinsamen Antrag. Dabei ist ausgerechnet der Punkt des SPD-Antrages weggefallen, mit dem die Verwaltung darstellen sollte, wie notwendige, schulvorbereitende Maßnahmen für alle Kinder ohne Betreuungsplatz in Essen angeboten werden können.

Weil dies aktuell nicht der Fall ist, aber eine wichtige Grundlage für jedes Kind zu besseren Bewältigung des Schulstart ist, stellte Shoan ihn erneut mündlich als Ergänzung. Dies fand aber nur Unterstützung bei der Tierschutzpartei. Der Antrag von CDU/SPD/Grüne wurde einstimmig angenommen.

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Ausbau von Freiflächensolaranlagen

CDU und Grüne haben beantragt, dass die Verwaltung ein Realisierungskonzept zur Installation von Solaranlagen auf Freiflächen entlang von Verkehrsinfrastruktur und Gewerbegebieten auf den Weg bringt.Heike Kretschmer begrüßte das als guten Ansatz für die Nutzung von Potentialen von erneuerbaren Energien, betonte aber, dass der Solarausbau auf Dächer dabei nicht unter den Tisch fallen darf. Sie machte Vorschläge, was in dem beantragten Realisierungskonzept abgebildet werden sollte, wie z.B. die Darstellung von Betreibermodelle, an denen Bürgerinnen und Bürgern oder Solargenossenschaften beteiligt werden. So könnte auch die Akzeptanz für solche Anlagen wachen. Denn bislang ist die Stadt Essen in dieser Frage nicht auf der Überholspur. Das soll zumindest nach Ansicht der AfD auch so bleiben, die auf abstruse Art versuchte, den aktuellen, alarmierenden IPCC-Bericht zu diskreditieren und diesen Antraggemeinsam mit der EBB-Fraktion ablehnte.

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Kindergesundheitszentrum im Essener Norden

Im ehemaligen Verwaltungsgebäude des Marienhospitals in Altenessen soll ein Kindergesundheitszentrumeingerichtet werden. Dort sollen die Kompetenzen verschiedener Träger gebündelt werden, um z.B. Schuleingangsuntersuchungen, Gesundheitsprävention, frühe Hilfen und weitere Angebote der Regelsysteme anbieten zu können. Theresa Herzog stellte in ihrer letzten Ratsrede fest, dass vieles in dem Konzept noch relativ unkonkret sei. Es werde spannend, wie die Synergien verstärkt und die fachärztlichen Expertisen genutzt werden können. Sie schlug vor, bei den Angeboten auch an Logopädie und Ernährungsberatung zu denken und die Freiflächen so zu gestalten, dass diese eine hohe Aufenthaltsqualität bekommen. Die Redner der anderen Fraktionen äußerten sich ebenfalls zustimmend, so dass die Vorlage einstimmig angenommen worden ist.

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(Post)-Corona-Strategie: Wegfall der Hilfen für arme Kinder fatal

Gerade Kinder und Jugendliche haben unter den Lockdowns in der Corona-Pandemie besonders gelitten und haben immer noch mit den Spätfolgen zu kämpfen. Deshalb ist es fatal, dass der Bund zum 31.12.2022 die Finanzierung von Maßnahmen des Aktionsprogramms „Aufholen nach Corona“ eingestellt hat. So fallen die Fördersäulen  „Frühe Hilfen“, „Angebote Sozialer Arbeit an Schulen und Jugendsozialarbeit“ sowie „Ferienfreizeiten und außerschulische Angebote“ weg. Viele der sinnvollen Maßnahmen, die mit viel Engagement von freien Trägern durchgeführt wurden und eine breite Masse erreicht haben, entfallen ersatzlos. Die Verwaltung hat dazu eine detaillierte Vorlage erstellt und auf die immensen Auswirkungen der Mittelstreichung verwiesen.

Um die Folgen abzumildern und trotz fehlender Unterstützung des Bundes einzelne erfolgreiche Maßnahmen fortführen zu können hat die linke Fraktion den Antrag gestellt, dass zumindest die Ferienfreizeiten und außerschulischen Angebote aus städtischen Mitteln fortgeführt werden sollen. Shoan begründete den Antrag und kritisierte die Bundesregierung für die Streichung der Mittel. In einer Stadt wie Essen, in der jedes dritte Kind von Sozialleistungen lebt, sind solche Programme notwendig, gerade für Kinder und Jugendliche aus ärmeren Haushalten und solchen, in denen nicht deutsch gesprochen wird.

Das inhaltliche Anliegen des linken Antrags wurde von den Rednern der Fraktionen von SPD, CDU, Grüne und FDP zwar unterstützt, allerdings mit dem Verweis auf haushalterische Gründe abgelehnt. Außerdem hätten die Träger ihre Strukturen teilweise bereits abgebaut. Auch Oberbürgermeister Kufen teilte mit, dass er den Antrag beanstanden müsse, sollte er angenommen werden, da keine Deckung im Haushalt dafür vorhanden sei. Also wird sich die linke Fraktion in den Haushaltsberatungen für 2024 für die Förderung der Ferienfreizeiten und außerschulischen Angebote weiter einsetzen. Hoffentlich erinnern sich die anderen Fraktionen dann noch an ihre Worte.

Der Antrag der linken Fraktion wurde nur von DIE PARTEI unterstützt, bei Enthaltung der SPD.

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Förderung von Lastenrädern

Eine hoch ideologisch aufgeladene Debatte gab es um die weitere Förderung von Lastenrädern. Die Verwaltung will nicht nur die Anschaffung von Lastenrädern weiter fördern, sondern auch Fahrradanhänger und einen Vorschlag für den Aufbau eines Lastenradverleihsystems erarbeiten. Heike begrüßte die letzten beiden Maßnahmen, weil so auch Familien mit geringerem Einkommen davon profitieren können. Darüber hinaus regte die Fraktion an genauer zu evaluieren, wer von dieser Förderung profitiert, um dann gegebenenfalls das Fördersystem stärker auf Familien mit geringerem Einkommen ausrichten zu können. Die gemeinsame Autolobby von AfD, EBB und FDP lehnte diese Förderung mit größtenteils fadenscheinigen Argumenten ab.

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Aufsichtsrat für Entwicklungsgesellschaft Freiheit Emscher

In der letzten Ratssitzung hat die linke Fraktion beantragt, dass statt eines politischen Beirates ein Aufsichtsrat eingerichtet werden soll, siehe dazu auch den Ratsbericht von Februar. In der Zwischenzeit hat der Rat der Stadt Bottrop die Einrichtung eines Aufsichtsrates beschlossen, so dass es gestern darum ging, diesen Schritt auch für die Stadt Essen nachzuvollziehen. Allerdings ohne die Möglichkeit für die kleinen Fraktionen, beratende Mitglieder in den Aufsichtsrat zu entsenden. Dieser  Minderheitenschutz ist seit 2010 in Essen üblich, um in den Aufsichtsräten entsprechend mitreden zu können und informiert zu sein.

Heike kritisierte die RAG, die sich bei der Einführung dieses Minderheitenschutzes quer gestellt hat. Es sei ein schlechter Stil, keine Rücksicht auf gewachsene, sinnvolle kommunale Gepflogenheiten wie den Minderheitenschutz zu nehmen. Die Verwaltung sagte zumindest eine vierteljährliche Berichterstattung zu.

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Und sonst?

  • Die Verwaltung bereitet eine „Nacht der Ausbildung“ vor, um den Fachkräftemangel etwas entgegen zu setzen. Heike hielt dazu eine Rede, in der sie mit Blick auf den aktuellen Bericht „AUSBILDUNG IM HANDWERK in der Metropole Ruhr“ des Regionalverbands Ruhr und den Handwerkskammern, mehr Anstrengungen forderte,  um junge Frauen und Mädchen für Berufe und junge Menschen mit Migrationshintergrund in Industrieunternehmen und im Bereich des Handwerks zu gewinnen.
  • Eine Debatte zur weiteren Förderung des Offenen Ganztages hat nicht stattgefunden. Shoan hat dazu eine Rede vorbereitet.
  • Die Stadt Essen will, wie viele andere Städte auch, Regenbogenfarben sichtbar machen. Auch wenn mit solcher Symbolpolitik die Gewalt gegen queere Menschen nicht aufhören wird, ist es doch ein richtiges Zeichen, da gerade rechtsradikale Kräfte diese Rechte immer wieder in Frage stellen, wie die Redebeiträge aus dieser Richtung auch im Rat zeigten. Die linke Fraktion hat deshalb die Verwaltungsvorlage unterstützt, Regenbogenmarkierungen auf Verkehrsflächen aufzubringen.