Anfragen

Bericht aus der Ratssitzung September 2023

Erhaltungssatzung für die Eyhof-Siedlung verabschiedet

Oberbürgermeister Thomas Kufen und Stadtkämmerer Gerhard Grabenkamp haben den Entwurf für den Haushalt 2023 eingebracht. Der Haushalt hat ein Volumen von knapp 3,8 Milliarden Euro, am Ende soll ein kleiner Überschuss von 6,4 Millionen Euro stehen. Die Grundsteuer wird nicht erhöht - gut für Mieterinnen und Mieter - die Gewerbesteuer auch nicht. Die linke Fraktion wird sich nach den Herbstferien intensiv mit dem Haushalt beschäftigen und ihre Haushaltsanträge für eine soziale und solidarische Stadt Essen vorbereiten.

Bürgerschaftliches Engagement lohnt sich: Gestern wurde die Erhaltungssatzung für die historische Eyhofsiedlung verabschiedet. Das ist ein großer Erfolg für die „Initiative für den Erhalt der Eyhofsiedlung", die sich seit Jahren gegen die Abrisspläne durch die GEWO wehrt. Mit der Erhaltungssatzung können die ursprünglichen Abriss- und Neubaupläne für einige Häuser an der Angerstraße nun so nicht mehr weiter umgesetzt werden. Das historische Gesicht im Eingangsbereich der Siedlung und günstiger Wohnraum werden stärker geschützt als bisher.

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Erhaltungssatzung Eyhofsiedlung – Vater gesucht 

Ganz schön dreist. Ratsherr Sven-Martin Köhler (CDU) reklamierte gestern für CDU und Grüne die „Vaterschaft“ für die Erhaltungssatzung – eine erstaunliche Interpretation. Die Bezirksvertretung II hat im August 2020 gegen die Stimmen der CDU und Teilen der Grünen die Fraktionen im Rat der Stadt gebeten, eine Erhaltungssatzung zu verabschieden. Die linke Fraktion ist dieser Bitte im Februar 2021 nachgekommen und hat einen entsprechenden Antrag in den Planungsausschuss eingebracht. Dort wurde er nicht behandelt. Nachdem eine erste Runde der Bürgerbeteiligung stattgefunden hat, bei der sich eine große Offenheit der Bewohner der Eyhofsiedlung für diese Satzung gezeigt hat, stellte die linke Fraktion den Antrag im November 2021 erneut. Dieser Antrag wurde in die Dezembersitzung geschoben. Statt dem Antrag der linken Fraktion einfach zuzustimmen, stellten CDU/Grüne sowie die SPD eigene, ähnliche Anträge. Erst nachdem der politische Druck für die Satzung groß geworden ist, musste insbesondere die CDU ihre Hinhaltetaktik aufgeben. Sie wurde zum Jagen getragen.

Heike Kretschmer stellte in ihrer Rede fest, dass die Satzung mit Frau Feldhammer von der „Initiative für den Erhalt der Eyhofsiedlung" zumindest auch eine „Mutter“ gehabt hat. Die Initiative hat über 2.300 Unterschriften gegen die Abrisspläne der Gewo gesammelt und hat mit ihrer Aufklärungsarbeit und den Informations-Spaziergängen durch das Viertel ein Bewusstsein für die Einzigartigkeit der Eyhof-Siedlung geschaffen.

Auch der Arbeitskreis 2030 und eine Fachtagung im September 20220, unterstützt von der Alten Synagoge, hat viele wichtige Argumente für die Erhaltungssatzung geliefert und z.B die Bedeutung des jüdischen Architekten Josef Rings für bezahlbaren Siedlungsbau um moderne Wohnbedingungen in Arbeitersiedlungen zu schaffen, herausgestellt.  Experten sehen die Siedlung in ihrer Bedeutung auch auf einer Stufe mit der Margarethenhöhe.  

Durch die Satzung wird die Siedlung in ihrer Struktur geschützt, so Heike Kretschmer weiter. Zwar biete sie keinen umfassenden Schutz gegen die Abriss- und Neubaupläne der GEWO. Trotzdem dürften die ersten Pläne der Wohnungsgenossenschaft zur Erhöhung der Geschossigkeit damit endgültig vom Tisch sein. Vermutlich wäre es auch wirtschaftlich sinnvoller, die in Frage stehenden Häuser mit Mitteln der Wohnungsbauförderung des Landes zu sanieren. Für die Mieterinnen und Mieter hätte das den Vorteil, dass die Mieten immerhin mindestens 20 Jahre bezahlbar gedeckelt würden. 

Die Erhaltungssatzung wurde gegen die Stimmen von EBB und AfD verabschiedet.

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Kostenlose Ausgabe von Menstruationsartikeln

In einem Pilotprojekt soll an neun Standorten in allen Essener Bezirken – darunter sind sieben Schulen - Spender für die Ausgabe kostenloser Menstruationsartikel angebracht werden. Nach einem Jahr wird die Verwaltung über die Erfahrungen und die Kosten berichten. Damit sollen Hemmschwellen abgebaut und ein Angebot für Menschen geschaffen werden, die sich diese Artikel nicht so einfach leisten können.

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AfD will Raubkunst nicht hergeben 

Die AfD hat beantragt, dass die Eigentumsübertragung der sich im Essener Folkwangmuseum befindlichen Benin-Bronze an Nigeria umgehend eingestellt werden soll. Ratsfrau Tabea Buddeberg von den Grünen, die stellvertretend für die demokratischen Fraktionen und Gruppen sprach, wies die falschen Behauptungen in der Antragsbegründung der AfD zurück.

Zwar hat der   damalige nigerianische Staatspräsident im März tatsächlich die Eigentumsrechte sämtlicher bereits gelieferter Artefakte dem Oba Ewuare II. übergeben, dem Oberhaupt der früheren Königsfamilie Benins. Das Königshaus stehe aber für die Menschen offen und auch die Bronzen seien öffentlich zugänglich. Auch Kunsthistoriker weisen darauf hin, dass es in Nigeria eine andere Kultur des Aufbewahrens von Kulturgütern gibt. Die Benin-Bronzen sind gewaltsam entwendet worden und jetzt Nigeria vorzuschreiben, wie es mit seinen Kulturgütern umgehen soll, wäre Neokolonialismus.

Kulturdezernent Al Ghusain stellte klar, dass es eine Vereinbarung für die bedingungslose Rückgabe sämtlicher geraubter Kunstwerke gibt, die einzuhalten ist. Es sei nicht möglich, an gestohlenem Besitz eigene Rechte zu erwerben.

Der Antrag wurde bei Enthaltung der Tierschutzpartei von allen anderen Fraktionen und Gruppen abgelehnt.  

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Kein Paradigmenwechsel bei der Stadtentwicklung

Die SPD-Fraktion hat drei Ratsanträge  (TOPs 9,10 und 11) eingebracht, die bei Umsetzung einen Paradigmenwechsel in der Frage des Umgangs mit dem Boden und der Stadtplanung bedeuten würde, so begründete Heike Kretschmer die Zustimmung der linken Fraktion. Außerdem finden sich in den Anträgen viele Punkte, für die sich DIE LINKE auch einsetzt, wie z.B. mehr Sozialer Wohnungsbau, die Einführung eines Brachflächen- und eines Baulückenkatasters, sozial gemischte Quartiere, mehr Bürgerbeteiligung bei Planungsprozessen, der Vorrang von Erhalt vor Abriss und Neubau und die Verknüpfung von Stadt- und Verkehrsplanung.

Die linke Fraktion hat dazu einen eigenen Antrag eingebracht: Die Veräußerung von Flächen von Ein- und Zweifamilienhausgrundstücken soll nur in Ausnahmefälle geschehen. Denn aus Sicht der linken Fraktion, so Heike Kretschner, kommt es bei einer gemeinwohlorientierten Raumentwicklung darauf an, möglichst grundsätzlich keine städtischen Grundstücke zu verkaufen. Darüber hinaus sollte durch die Verwaltung in dem zu entwickelnden Konzept auch die Gründung oder Förderung einer Bürgerbodengenossenschaft oder einer Bodenstiftung geprüft werden, um die Möglichkeiten der bürgerschaftlichen Teilhabe zu eröffnen.

Der Paradigmenwechsel wird aber nicht zustande kommen. Die Gestaltungskoalition aus CDU und Grüne hat die Anträge abgelehnt, obwohl Christoph Kerscht von den Grünen viele sinnvolle und gute Punkte darin ausgemacht hat. Es sei aber jetzt die falsche Zeit dafür. Sven-Martin Köhler von der CDU behauptete, dass Anliegen der SPD-Anträge bereits jetzt praktiziert würden. Philip Rosenau von der SPD vermutete als Hintergrund einen Koalitionsstreit über Fragen der Stadtplanung und warf CDU und Grünen vor, viel Nebel verbreitet zu haben. 

Die Anträge der SPD-Fraktion wurden von LINKE, PARTEI und Tierschutz  unterstützt, der linke Antrag von der SPD.

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Bussi: Taxiersatz statt Ausbau von Bus und Bahn

Der Rat der Stadt hat die Fortführung und Ausweitung des on-demand-shuttle Angebotes „Bussi“ bis zum Ende des nächsten Jahres beschlossen. Heike Kretschmer kritisierte, dass „Bussi“ vor allem ein Klientelprojekt sei, das mit Steuergeldern finanziert wird.

Außerdem würden in der Vorlage der Verwaltung Zusammenhänge konstruiert, die nicht im Detail nachgewiesen werden können, wie z.B. das 54 Prozent der Nutzerinnen und Nutzer ein Aboticket besitzen. Das haben sie bestimmt nicht wegen Bussi, sondern weil sie anderweitig den ÖPNV benutzen. Deswegen kann auch nicht behauptet werden, dass die Menschen durch Bussi bewegt werden, auf den ÖPNV umzusteigen. Es dient lediglich als verbilligtes Taxi.

DIE LINKE hat trotz ihrer Kritikpunkte zugestimmt, weil diese Form die einzige Möglichkeit in dieser Stadt ist, außer mit dem eigenen Auto oder dem Taxi, nach einem Kneipenbesuch oder den Besuch einer kulturellen Veranstaltung nach Hause zu kommen. 

Heike Kretschmer forderte dazu auf, gemeinsam mit der Ruhrbahn für eine ordentliche Taktung und eine Ausweitung der Fahrzeiten zu sorgen. Dann kann ab 2025 der Bussi auch wieder aufgegeben werden. 

Gegen die Vorlage stimmten EBB, FDP und AfD, die SPD hat sich enthalten.

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Kitas: 150 Arbeitsverträge von Erzieherinnen werden entfristet

Gestern wurde mit der einstimmigen Verabschiedung der Vorlage für die Entfristung von Stellen im Erziehungsdienst, ein wichtiger Schritt gegen den Fachkräftemangel in den Kitas gemacht. Demnach sollen 150 pädagogische Fachkräfte, die bisher als Vertretungen bei Krankheit, Mutterschaft oder Urlaub befristet eingestellt waren, jetzt schnell unbefristete Arbeitsverträge bekommen. Darüber hinaus sollen 50 weitere Planstellen vorgehalten werden. 

Weil sich die linke Fraktion schon lange für unbefristete Arbeitsverhältnisse bei der Stadtverwaltung ausspricht, hat Heike Kretschmer dieses Vorhaben ausdrücklich begrüßt. Damit wird auch die Wertschätzung für den  Erzieherinnenberuf deutlich gemacht und eine Forderung der Erzieher*innen auf der Personalversammlung zur Enlastung ist endlich umgesetzt worden.

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Und sonst?

Seit 2015 gibt es die Teilhabekarte Essen.dabei, mit der Transferleistungs-bezieherinnen und -bezieher, Ermäßigungen bei vielen städtischen Einrichtungen und privaten Anbietern von Freizeit-, Sport- und Kulturangeboten bekommen. Da die Zahl der teilnehmenden Einrichtungen relativ überschaubar ist, hat die linke Fraktion eine Anfrage gestellt., wie mehr Einrichtungen zur Teilnahme gewonnen werden können und wie sich die Inanspruchnahme der Karte seit 2015 entwickelt hat.

Ihren Antrag „Bericht über die soziale Lage“ hat die linke Fraktion zurück gestellt. Sozialdezernent Peter Renzel hat im Sozialausschuss angekündigt, dass die Verwaltung im Januar 2024 einen Entwurf für eine Integrierte Sozialplanung einbringen will. Dann kommt auch der linke Antrag wieder auf den Tisch.

Auch der  gemeinsame Antrag von Die PARTEI und DIE LINKE für die Bewerbung der Stadt Essen als „Modellkommune Cannabis“ ist zum wiederholten Male auf Bitte der Grünen geschoben worden. Sie wollen erst eine Klärung der gesetzlichen Grundlagen auf Bundesebene. Dabei wäre es sinnvoll, wenn die Stadt Essen jetzt schon „ihren Hut in den Ring“ werfen würde, wie andere Kommunen auch. Der Grund für das Zögern der Grünen dürfte eher darin liegen, dass sich der CDU-Kreisparteitag erst kürzlich gegen die Modellkommunen gewendet hat. Sobald die Regelungen auf Bundesebene durch sind, wird der Antrag erneut gestellt und dann kann es eigentlich keine Ausreden mehr geben.

Der Baubeschluss für die Internationale Gartenausstellung IGA 2027 wurde ohne Debatte einstimmig verabschiedet. Die nicht gehaltene Rede von Heike findet Ihr hier.